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Hunderte versteckte Preiserhöhungen

Der Lebensmittelhersteller Mars zieht eine Kaloriengrenze. In Zukunft sollen die Produkte des Unternehmens nicht mehr als 250 Kilokalorien haben. Laut dem Konzern soll damit die gesunde Ernährung gefördert werden. Konsumentenschützer sind skeptisch. Sie vermuten, dass hinter der Ankündigung eine heimliche Preiserhöhung stecken könnte.

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Bei einer heimlichen Verteuerung bleibt der Preis zwar gleich, allerdings wird der Produktinhalt reduziert. „Diese heimliche Preiserhöhung wird meist so geschickt gemacht, dass es den meisten Konsumenten gar nicht auffällt“, sagt Gabriele Zgubic, Konsumentenschützerin der Arbeiterkammer (AK). So machte beispielsweise der Mars-Konzern im Jahr 2009 den Balisto-Riegel um vier Gramm leichter. Der Konzern nutzte die Verkleinerung für die Werbebotschaft, dass jeder Riegel nur 92 Kilokalorien hat.

Größenvergleich Lebensmittelverpackung

Verbraucherzentrale Hamburg

Der Preis wird nicht verändert, allerdings werden aus 41 plötzlich 37 Gramm

„Mars-Konzern oft negativ aufgefallen“

Dass weniger Essen auch weniger Kalorien hat, dürfte jedoch nur die wenigsten überraschen. Ob hinter der angekündigten Kaloriengrenze von Mars also nur ein Marketinggag steckt, müsse genau beobachtet werden, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg gegenüber ORF.at. Denn der Mars-Konzern sei oft negativ aufgefallen mit versteckten Preiserhöhungen durch Füllmengenreduzierungen.

Snickers muss abspecken und wird kleiner

Der Mars-Konzern weist diese Kritik von sich. Die Kaloriengrenze sei ein wichtiger Baustein einer umfassenden Gesundheitsstrategie. So habe Mars beispielsweise den Anteil von gesättigten Fettsäuren reduziert. Nötig wäre die Kalorienreduktion in Österreich zum Beispiel beim Schokoriegel Snickers, der derzeit 287 Kilokalorien hat. Eine neue Rezeptur werde es nicht geben, heißt es von Mars. Der Riegel soll verkleinert werden, und dabei sei anzunehmen, dass auch der Preis angepasst wird, sagt eine Konzernsprecherin gegenüber ORF.at. Mars habe nicht vor, eine heimliche Preiserhöhung durchzuführen.

Größenvergleich Lebensmittelverpackung

Verbraucherzentrale Hamburg

Aus 200 Gramm Frischkäse werden bei einem neuen Design 175 Gramm

EU-Regelung kippte Verpackungsvorschriften

Versteckte Preiserhöhungen sind jedenfalls ein relativ junges Phänomen. Denn bis zum Jahr 2009 galten für viele Produkte noch strenge Verpackungsvorschriften. Für alltägliche Waren wie Butter, Zucker, Milch oder Schokolade gab es genau festgelegte Verpackungsgrößen. Doch diese Vorschriften wurden von der Europäischen Union (EU) nach und nach abgeschafft. Die letzte Änderung im Jahr 2009 brachte schließlich die letzten Vorgaben zu Fall. Seither dürfen die Hersteller ihre Produkte in beliebig großen Verpackungen anbieten – einzig bei Wein und Spirituosen gibt es noch Vorschriften.

Versteckte Preiserhöhung wegen Liberalisierung

Mit der EU-Richtlinie sollte Bürokratie abgebaut werden. Außerdem verwies die Lebensmittelindustrie darauf, dass es immer mehr Singlehaushalte gebe und die Industrie ohne Verpackungsvorschriften besser auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen könne. Doch die Liberalisierung sei von vielen Konzernen lediglich dazu genutzt worden, kleinere Verpackungen anzubieten, dafür aber weiterhin den gleichen Preis zu verlangen, sagt Zgubic gegenüber ORF.at.

Verantwortung auf Kunden abgewälzt

Die Abschaffung der Verpackungsvorschriften habe keine Vorteile für die Kunden gebracht – im Gegenteil: „Mit den standardisierten Verpackungsgrößen war es viel leichter, die Preise zu vergleichen“, sagt Zgubic. Mit der EU-Regelung habe man die gesamte Verantwortung einfach auf die Konsumenten abgewälzt, und viele seien davon schlicht überfordert, sagt Zgubic.

Denn wer den Preis von Produkten wirklich vergleichen wolle, müsse nun auf den Kilopreis achten, sagen die Konsumentenschützer. Das sei für viele schwer, weil der Grundpreis nur in kleiner Schrift auf die Packung gedruckt werde. Doch dieser Preisvergleich sei die einzige Möglichkeit, nicht auf die Verpackungstricks der Lebensmittelkonzerne hereinzufallen.

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