Feuer auf Polizisten eröffnet
Der mutmaßliche Attentäter Mohammed M. ist Donnerstagvormittag im südfranzösischen Toulouse von Scharfschützen erschossen worden, als er versucht hat, über ein Fenster aus seiner Wohnung zu flüchten. Das bestätigte die Polizei, nachdem es erst geheißen hatte, M. sei mit einer Waffe in der Hand in die Tiefe gesprungen und tot auf dem Boden aufgefunden worden.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Der 23-Jährige hatte sich seit Mittwoch, 3.00 Uhr - knapp 30 Stunden lang - verschanzt gehalten. Vor seinem Tod hatte M. laut Innenminister Claude Gueant Angehörigen der Sonderpolizeieinheit RAID noch einen heftigen Schusswechsel geliefert, bei dem ein weiterer Beamter verletzt wurde. Bereits am Mittwoch hatte er drei Polizisten durch Schüsse verletzt. Die Polizei drang gegen 11.00 Uhr in die Wohnung M.s ein. Dort prüften die Polizisten zunächst mit Kameras jedes Zimmer und tasteten sich langsam vor.
„Mit äußerster Gewalttätigkeit“
Der französische Staatsbürger algerischer Abstammung hielt sich im Badezimmer versteckt und kam laut Gueant „mit äußerster Gewalttätigkeit“ um sich schießend heraus. Dann sei er mit der Waffe in der Hand aus dem Fenster gesprungen. Dabei erschoss ihn ein RAID-Scharfschütze. M. wurde in den Kopf getroffen.

Reuters
Eines der Fotos, die vom Verdächtigen im Internet kursieren
Bei dem Schusswechsel mit dem Attentäter, der vergangene Woche drei französische Soldaten und Anfang dieser Woche einen Lehrer und drei jüdische Schulkinder getötet hatte, wurden laut Polizei rund 300 Patronen abgefeuert. Ein Polizist habe gesagt, er habe noch nie zuvor einen derartig schweren Angriff erlebt, berichtete Gueant. Der Innenminister hatte zuvor angeordnet, den Mann möglichst lebend zu stellen, damit sich dieser für seine Taten vor Gericht verantworten müsse. Doch der habe den Polizisten gesagt: „Wenn ich sterbe, gehe ich ins Paradies - wenn ihr sterbt, Pech für euch.“
Sarkozy: „Bereits zu viele Tote“
Präsident Nicolas Sarkozy gratulierte den Einsatzkräften. „Wir denken jetzt besonders an die von dem Mörder Getöteten und Verwundeten.“ Unmittelbar nach dem Polizeieinsatz hatte Sarkozy im TV gesagt, der Serientäter sei „identifiziert und außer Gefecht gesetzt“. Alle Versuche, ihn lebend zu fassen, seien gescheitert. „Es hat bereits zu viele Tote gegeben“, sagte der Präsident in einer landesweit übertragenen TV-Rede. Frankreich habe entschlossen gehandelt und seine Einheit bewahrt. Rachegedanken oder Wut seien jetzt nicht hilfreich, betonte Sarkozy.

Reuters/Jean-Paul Pelissier
Erleichterte Sicherheitskräfte nach 30 Stunden Nervenkrieg
In der Nacht und in der Früh hatte die Polizei mehrere Sprengkörper an dem Gebäude gezündet, um den 23-Jährigen einzuschüchtern, wie es hieß. Die Polizei kappte außerdem die Gas- und Stromversorgung im ganzen Wohnviertel und schaltete die Straßenbeleuchtung ab. Offensichtlich setzte sie darauf, dass der Mann erschöpft aufgeben würde oder mit wenig Risiko überwältigt werden könnte.
Bekenntnis zu sieben Morden
Gueant, der in der Früh am Einsatzort eingetroffen war, sagte dann, es habe in den letzten Stunden vor dem Sturm auf die Wohnung keine Gespräche mit M. mehr gegeben. Der habe gesagt, er wolle mit der Waffe in der Hand sterben. Zuvor hatte M. der Polizei gesagt, er wolle sich in der Nacht auf Donnerstag ergeben und am Leben bleiben. Er sei ein „Killer“, aber kein „Märtyrer“.
Er bekannte sich nach Angaben des zuständigen Staatsanwalts Francois Molins in Gesprächen mit der Polizei zu seinen Taten. Im Austausch gegen ein Telefon übergab er später einen Colt - die wahrscheinliche Tatwaffe bei den Morden an insgesamt sieben Menschen. Seine Taten filmte M. laut Staatsanwaltschaft mit einer Videokamera, die er an der Brust trug.
„Keinerlei Reue“
Nach eigenen Aussagen war M. Mitglied des islamistischen Terrornetzwerks Al-Kaida. Er habe in den Verhandlungen „keinerlei Reue“ gezeigt, vielmehr habe er bedauert, dass er nicht noch mehr Menschen habe töten können, erklärte die Staatsanwaltschaft. Seine Attentate habe er mit den Worten glorifiziert, er habe „Frankreich in die Knie gezwungen“. Er plante demnach, einen weiteren Soldaten und zwei Polizisten zu töten.
Molins bestätigte, dass M. zweimal in Afghanistan und in Pakistan war, dass er aber „ein untypisches Profil salafistischer Selbstradikalisierung“ aufweise. Er sei mit eigenen Mitteln und nicht über die bekannten Netzwerke nach Afghanistan gekommen. Wegen seiner Reisen nach Afghanistan und Pakistan war M. im November 2011 in Toulouse vom französischen Inlandsgeheimdienst befragt worden, wie Gueant dem Sender TF1 sagte. Er habe aber von einer touristischen Reise gesprochen und das mit Fotos untermauert.
Nach dem Tod des 23-Jährigen bekannte sich am Donnerstag eine Al-Kaida-nahe Gruppe namens Dschund al-Chilafah (Die Soldaten des Kalifats) zu dessen Morden. Die Gruppe forderte Frankreich in einer im Internet veröffentlichten Botschaft auf, seine „feindliche“ Politik gegenüber Muslimen aufzugeben. Ob die Gruppe tatsächlich mit M. in Verbindung stand oder aber als Trittbrettfahrer agiert, ist unklar.
Links: