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Kritik an „Placebo-Regelungen“

Der Opposition geht der Vorstoß von ÖVP-Chef Michael Spindelegger, seiner Partei angesichts der Korruptionsaffären im staatsnahen Bereich einen Verhaltenskodex zu verordnen, nicht weit genug. FPÖ, Grüne und BZÖ sprachen am Dienstag unisono von einer Alibiaktion, die eindeutige gesetzliche Regeln nicht ersetzen könne.

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SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann scheint der Idee eines Verhaltendskodex nicht ganz abgeneigt, prinzipiell allerdings sehen die Sozialdemokraten in den eigenen Reihen keinen Handlungsbedarf - im Gegensatz zur Opposition. Dringend notwendig seien strenge Anti-Korruptions- und Parteienfinanzierungsregeln statt „selbst gestrickter Placebo-Regelungen“, befanden FPÖ, Grüne und BZÖ via Presseaussendung.

„Es steht außer Zweifel, dass diese Partei das bitter nötig hat, aber die ÖVP ist eine Regierungspartei und hat daher die Macht, das von ihren Mandataren erwünschte Verhalten auch gesetzlich zu verankern“, so der FPÖ-Fraktionsführer im Korruptions-U-Ausschuss, Walter Rosenkranz. Der U-Ausschuss habe alle Missbrauchsmöglichkeiten des Parteienfinanzierungsgesetzes klar aufgezeigt, „jetzt ist es an der Zeit zu handeln“.

„Mit der Moral nicht weit her“

Der stellvertretende grüne Klubobmann Werner Kogler ortete einen „plumpen Blockadeversuch der ÖVP“ gegen strenge Gesetze. Spindelegger und auch Faymann sollten „nicht weiter von nicht einklagbaren Anstandsregeln schwadronieren“. Die Vergangenheit habe gezeigt, „dass es mit der Moral der beiden Parteien nicht weit her ist“, da würden auch keine „immer wieder aufgewärmten Moralkodizes weiterhelfen“.

BZÖ-Bündniskoordinator Markus Fauland vermutet hinter dem Kodex einen „schwarzen Ablenkungsballon“. Die ÖVP habe bisher „beharrlich jede echte Verschärfung der Gesetze gegen Korruption verhindert“. Mit Placebo-Regeln, die rechtlich keinerlei Bedeutung hätten, allein sei das Vertrauen in die Politik nicht wiederherzustellen.

„Politisch-moralischer“ Leitfaden

Ausarbeiten sollen die von Spindelegger angekündigte „politisch-moralische Handlungsanleitung“ der ehemalige Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber (ÖVP), die frühere Chefin der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Maria Schaumayer, und der Jurist Wolfgang Mantl. Wer sich nicht an den Kodex hält, hat mit Sanktionen bis hin zum Parteiausschluss zu rechnen.

Die ÖVP war zuletzt im parlamentarischen Untersuchungsausschuss in den Fokus gerückt, als die Chefin einer Werbeagentur sagte, dass die Firma Valora des Lobbyisten Peter Hochegger den von ihrer Agentur durchgeführten Jugendwahlkampf der ÖVP im Jahr 2008 bezahlt habe. Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Werner Amon, wegen Geldwäsche. Anlass sind Zahlungen der Valora an den ÖAAB, für die keine Gegenleistung aufzufinden sein sollen. Amon war seinerzeit Generalsekretär des ÖVP-Arbeitnehmerbunds.

Spindelegger will „saubere Partei führen“

Angesichts dieser Vorwürfe will Spindelegger nun seiner Partei ein neues Image verpassen: „Ich möchte als ÖVP-Obmann eine saubere Partei führen.“ Von einem ÖVP-Politiker erwarte er mehr, als sich nur an die Gesetze zu halten, deshalb der Verhaltenskodex, der eine „politisch-moralische Handlungsanleitung“ darstellen solle. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sieht ein wichtiges Signal, habe sich in letzter Zeit doch schon eine demokratiebedenkliche Verallgemeinerung ergeben, was das Image der Politik anlangt.

Unterschreiben müssen werden den Kodex nur neue ÖVP-Politiker. Die schon Aktiven werden durch einen Vorstandsbeschluss an ihn gebunden. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss die Partei im schlimmsten Fall verlassen. „ÖVP-Gefängnisse zu eröffnen“ habe er allerdings nicht vor, so Spindelegger am Dienstag gegenüber Journalisten.

SPÖ sieht keinen Handlungsbedarf

Die SPÖ hält grundsätzlich wenig von derartigen Benimmregeln. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder sprach von einem „Armutszeugnis“, wenn man einen Kodex brauche, um zu wissen, wie man sich zu verhalten habe. Kurz und bündig Infrastrukturministerin Doris Bures: „Man weiß, was geht und was nicht.“ Gesundheitsminister Alois Stöger fügte an: „Die Sozialdemokratie in Österreich hat immer Moral bewiesen.“

Ganz ausschließen wollte Parteichef Faymann eine derartige Maßnahme aber auch wieder nicht. Er wolle einmal abwarten, was die ÖVP letztlich auf den Tisch lege, sagte der Kanzler nach dem Ministerrat am Dienstag. Grundsätzlich sei er aber der Meinung, dass gute Gesetze und hohe Transparenz die beste Wirkung gegen Korruption erzielten. Diese dürften frühestens im Sommer mit dem „Transparenzpaket“ inklusive Neuregelung der Parteienfinanzierung und Lobbyistengesetz unter Dach und Fach sein.

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