Keine Belege für 72.000 Euro
Der ehemalige Verkehrsminister und FPÖ-Bundesparteiobmann Mathias Reichhold hat am Mittwoch im parlamentarischen Korruptions-U-Ausschuss bestätigt, dass seine Firma Mathias Reichhold GmBH 2005 für zwei Aufträge der Telekom Austria (TA) über den Lobbyisten Peter Hochegger 72.000 Euro erhalten hat. Der Vertrag sei mündlich abgeschlossen worden, sämtliche Leistungen seien ebenfalls mündlich erbracht worden.
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Schriftliche Leistungsnachweise habe er nicht gelegt. Die Firma habe keine Mitarbeiter gehabt. Hochegger wiederum hatte in seinen Vernehmungen durch die Justiz erklärt, er habe keine mündlichen Leistungsberichte erhalten - was wiederum Reichhold nun dementierte.
Aufzeichnung nicht zu finden
Er habe seine Leistungen auch aufgezeichnet, finde diese Aufzeichnungen aber nicht mehr. Der BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner hielt Reichhold vor, dass nach Angaben der TA keinerlei Leistungen von Reichhold erbracht wurden. Reichhold hatte bereits im Vorjahr mitgeteilt, dass er nur für Hochegger, nicht aber für die TA tätig gewesen sei. Er habe damals seine Kontakte im Zusammenhang mit der EU-Präsidentschaft Österreichs zur Verfügung gestellt, so Reichhold.
„Umfassendes Konzept“
Zu einem Positionierungskonzept von Hochegger für ihn meinte Reichhold, dieses sei nicht für ihn, sondern für das Verkehrsministerium als Ganzes erstellt worden. Von Mitarbeitern sei die Idee gekommen, Hochegger mit einem Konzept zu beauftragen. „Es ist wirklich ein umfassendes Konzept entstanden“, betonte Reichhold. Dass die Erstellung des Konzepts an Hochegger ausgelagert wurde, begründete er damit, dass die „kleine Pressestelle“ des Ministeriums damals „für strategische Aufgaben wirklich keine Zeit gehabt“ habe.
Medienberichten zufolge sollte für Reichhold ein Arbeitsteam gebildet und Marktforschung betrieben werden. Kostenpunkt für die Steuerzahler: 197.760 Euro - wobei die 32.960 Euro Mehrwertsteuer wieder ins Budget zurückgeflossen seien.
Entscheidung für Serentschy verteidigt
Die Entscheidung, Telekomregulator Heinrich Otruba im Oktober 2002 durch den Unternehmensberater Georg Serentschy zu ersetzen, verteidigte Reichhold. Serentschy sei der Erstgereihte der beauftragten Personalberatungsfirma gewesen. Zuständig für die „Shortlist“ mit fünf Namen sei die Agentur Ecker & Partner gewesen. An das habe er sich gehalten. Gespräche mit der TA-Führung dazu habe es nicht gegeben.
Dietmar Ecker von der PR- und Lobbying-Agentur Ecker & Partner betonte umgehend, nicht in die Bestellung des Telekomregulators im Jahr 2002 involviert gewesen zu sein. Ecker geht davon aus, dass es sich dabei um die namensgleiche Personalberatungsagentur handelt, mit der er allerdings nichts zu tun habe. Die mittlerweile wieder umbenannte Firma war für die APA vorerst nicht erreichbar.
Keine Erklärung für Honorarverzicht Rumpolds
„Überhaupt nicht erklären“ kann sich Reichhold, der im Wahlkampf 2002 auch eineinhalb Monate FPÖ-Obmann war, den Verzicht der damals für die FPÖ tätigen Werbeagentur von Gernot Rumpold auf eine 765.000-Euro-Forderung an die Partei im Jahr darauf. ÖVP-Abgeordnete Gabriele Tamandl mutmaßte, dass Rumpold auf die Forderung verzichtet haben könnte, weil er zum Ausgleich einen Auftrag über 500.000 Euro von der Telekom erhalten hatte.
Reichhold verwies diesbezüglich lediglich auf Aussagen seines Nachfolgers Herbert Haupt, der den erst kürzlich bekanntgewordenen Forderungsverzicht damit begründet hatte, dass Rumpold im Wahlkampf weniger geleistet habe und daher auf einen Teil des Geldes verzichtet habe. Auch die Finanz hatte darin eine verdeckte Gewinnausschüttung gesehen, nachdem Rumpold auch vom Eurofighter-Hersteller EADS Aufträge im Wert von 6,6 Mio. Euro erhalten hatte. Rumpold dementiert das, die Staatsanwaltschaft stellt die entsprechenden Ermittlungen aus Mangel an konkreten Hinweisen ein.
Kusin „wusste nichts“ von Lobbyarbeit Hocheggers
Der suspendierte Vorsitzende der Fraktion der Christgewerkschafter (FCG) und Aufsichtsrat bei der Telekom Austria, Franz Kusin, ließ als Zeuge im Korruptions-U-Ausschuss mit dem Satz aufhorchen, dass er nicht gewusst habe, dass Hochegger für die TA lobbyiert hatte - obwohl Hochegger.com die millionenschwere PR-Agentur der Telekom Austria war. „Es gibt kein einziges Aufsichtsratsprotokoll in meiner Amtszeit, in der der Name Hochegger vorkommt“, verteidigte sich Kusin.
Kusin hatte von Hochegger 138.000 Euro aufgrund einer mündlichen Vereinbarung erhalten, wie er im Ausschuss bestätigte. Er hat dafür nach Eigenangaben unter anderem Studien erstellt, wie es den Mitarbeitern gesundheitlich bessergehen könnte. Einen Teil seiner Unterlagen habe er leider nicht mehr, da er sich einen neuen Computer gekauft hatte und diese nicht überspielt hatte, meinte er auf den Vorwurf, dass die dem Ausschuss vorliegenden Studien für Hochegger inhaltsleer seien.
Hochegger hatte in seiner Beschuldigtenvernehmung erklärt, die wichtigsten Informationen, die ihm Kusin dafür geliefert habe, seien über eine vom Management geplante Beamtenagentur bei der Telekom gewesen, gegen die sich die Belegschaft gewehrt habe.
Betriebsrat „gekauft“?
Kusin verteidigte, dass er den Vertrag mit Hochegger nicht seinen Betriebsratskollegen bekanntgegeben hatte. „Ich habe das nicht als FCG-Vorsitzender fakturiert, sondern als Franz Kusin“, meinte er. Schließlich gebe es ja auch Betriebsratswahlen, und hier hätte eine andere Lösung eine negative Optik erzeugen können. Die Abgeordneten Peter Pilz (Grüne) und Petzner stellten daraufhin in den Raum, dass sich der Betriebsrat Kusin von der TA kaufen habe lassen, was Kusin bestritt.
Pilz zitierte aus Einvernehmungsprotokollen von Hochegger, wonach dieser geplant habe, den Betriebsrat im Interesse der TA-Führung einzusetzen. „Ich für mich kann ausschließen dass ich jemals etwas Schlechtes über jemanden weitergegeben habe“, verteidigte sich Kusin. Auf die Frage, wie viel er bei der Telekom als Mitarbeiter verdient hatte, meinte er: 5.500 bis 6.000 Euro. Ob brutto oder netto konnte Kusin im ersten Moment nicht sagen.
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