Umstrittener Plan mit viel Gegenwind
Während die britische Regierung noch mit den Folgen der Privatisierung der Bahn kämpft, hat Premier David Cameron bereits die nächsten Liberalisierungspläne präsentiert. Am Montag kündigte er an, einen Teil des Straßennetzes für private Anleger öffnen zu wollen.
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Der „jahrzehntelange Verfall“ des Straßennetzes müsste gestoppt werden, so Cameron. Neue Routen und der Ausbau bestehender seien dringend notwendig, Staus würden die wirtschaftliche Entwicklung des Landes behindern.
Maut durch die Hintertür?
In Zeiten von Budgetkürzungen brauche es aber innovative Lösungen, sagte der Premier. Eine Möglichkeit wäre eine flächendeckende Maut, seine konservativ-liberale Regierung habe sich aber für eine andere Variante entscheiden: Private Investoren sollen das britische Straßennetz wieder flottmachen. Cameron sprach dabei dezidiert Pensionsfonds und Fonds von Staaten wie China an.
Eine Maut sollen die privaten Unternehmen für Straßen nur dann einnehmen dürfen, wenn sie die Kapazitäten ausbauen, also etwa zusätzliche Spuren einrichten. Betroffen wären vor allem Autobahnen und Hauptverkehrsrouten. Zunächst will Cameron eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.
Vorbild Wasserprivatisierung
Als gelungenes Vorbild nannte Cameron die 1989 von Margarete Thatcher durchgesetzte Privatisierung der Wasserversorgung. Die Unternehmen hätten viel in die Infrastruktur investiert und diese stark verbessert. Kritiker bezweifeln allerdings, ob Cameron ein gutes Beispiel gewählt hatte: Der Preis für Wasser schoss nach der Liberalisierung in die Höhe.
Und genau das befürchten die Labour-Opposition und Autofahrergruppen auch bei einer Privatisierung des Straßennetzes. Labour-Chef Ed Miliband sagte gegenüber der BBC, es sei falsch, Familien zusätzliche Kosten aufzuladen, nur damit sie „unsere Straßen“ benutzen können.
Gut für Firmen, schlecht für Steuerzahler
Bisher hätten sämtliche Privatisierungen vor allem Geld in die Taschen der Unternehmen geschleust, den Steuerzahlern seien sämtliche Projekte teuer gekommen, heißt es in einem „Guardian“-Kommentar. Cameron wiederhole die Fehler seiner Vorgänger. Und bereits existierende Public-Private-Partnership-Projekte wie an der Autobahn M25 seien ein Flop, das hätte sogar ein parlamentarischer Bericht ergeben.
Auch der „Independent“ kommentiert die Pläne Camerons mit einer Aufzählung der negativen Folgen von Privatisierungen. Selbst der Regierung sonst wohlgesonnene Medien wie „Daily Mail“ lehnen den Vorstoß scharf ab - Autofahrer würden ohnehin permanent zur Kasse gebeten.
Mehr privat auch bei Gesundheit
Ein anderes Projekt der Regierung scheint bereits auf der Zielgeraden zu sein: Die Gesundheitsreform soll nach dem Willen des Kabinetts schon vor Ostern als Gesetz beschlossen werden. Auch hier stehen Kostensenkungen bei der Gesundheitsbehörde NHS (National Health System) im Vordergrund - und auch hier sollen etliche Aufgaben eher in private Hände gelegt werden: Aufgewertet werden die Hausärzte, die ein Großteil des Gesundheitsbudgets verwalten sollen. Krankenhäuser sollen in Zukunft bis zu 49 Prozent Privatpatienten aufnehmen dürfen, die bevorzugt behandelt werden. Labour und vor allem Gewerkschaften laufen Sturm gegen die Pläne. In Umfragen lehnt auch die Mehrheit der Befragten die Reform ab.
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