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Ernteausfälle nicht auszuschließen

Für den Saatgutriesen Monsanto wird in den USA eine Horrorvorstellung wahr: Pflanzenschädigende Insekten breiten sich trotz entsprechender gentechnischer Veränderung des Saatguts auf den Feldern aus. Experten mahnen, dass Monsanto das Problem dringend in den Griff bekommen müsse, und richten einen Appell an die Gesundheitsbehörde.

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Schon im Vorjahr stießen Wissenschaftler bei der Untersuchung von Genmaisfeldern auf Exemplare des Maiswurzelbohrers, eines für Maispflanzen schädlichen Käfers. Die Sorgen wegen einer Effektivitätsminderung seines Saatguts hatte Monsanto stets als ein zu vernachlässigendes Problem abgetan. Der Genmais biete „starken Schutz gegen die Schädlingsplage“, wurde der Konzern in einem Reuters-Artikel zitiert. In den wenigen gegenteiligen Fällen arbeite der Konzern eng mit den betroffenen Bauern zusammen, hieß es seitens des weltgrößten Saatgutherstellers.

Druckmittel auf Gentech-Lobby?

Das vermehrte Auftreten von Schädlingen in Genmaisfeldern ist Wasser auf die Mühlen der Gentechnikgegner, die damit ein neues Druckmittel auf die Gentech-Lobby hätten. Die Causa könnte also vor allem zum Problem für Monsanto werden: Schließlich besteht im Handel mit Genmais, der mit einem „Anti-Käfer-Protein“ ausgestattet ist, das Hauptgeschäft des Megakonzerns Monsanto. Im Zuge dessen werden seit 2003 alle bedeutsamen Anbaugebiete der USA mit diesem Monsanto-Produkt beliefert.

Und das Problem birgt durchaus noch mehr Zündstoff. Denn das gentechnisch behandelte Saatgut wird zu einem weit höheren Preis verkauft als herkömmliches. Für Bauern, die dem Genmaisanbau vertraut haben, könnte das ein herber Rückschlag sein. Die Betroffenen müssten wieder auf Insektizide zurückgreifen, jene Investitionen, die eigentlich im teureren Saatgut aufgingen.

Brief an Gesundheitsbehörde

Doch scheint diese Entwicklung die Expertenschaft nicht besonders zu verwundern: „Das ist zu diesem Zeitpunkt keine große Überraschung, aber es ist eine Sache, in der dringender Handlungsbedarf besteht“, warnte Joseph Spencer, Insektenkundler des Natural-History-Instituts der Universität Illinois, vor einem sich noch weiter vergrößernden Ausmaß an Pflanzenschädigungen. Großflächige Ernteausfälle würden massive Auswirkungen auf die Lebensmittel- und die Futtermittelproduktion bedeuten, was in vielerlei Hinsicht problematisch wäre.

Spencer ist einer von 22 Experten, die angesichts der Lage unlängst einen Brief an die US-Bundesgesundheitsbehörde (Environmental Protection Agency, EPA) gerichtet haben. Darin listen die Experten die Gefahren auf, die durch die Resistenz der Käfer mittel- und langfristig bestünden beziehungsweise deuten in diesem Fall ein Versagen der Gentechnik an.

Käfer haben Resistenzen entwickelt

Bereits im Laufe der letzten Jahre war immer wieder von einzelnen Fraßschäden die Rede gewesen, doch hatten zuletzt auch Laboruntersuchungen darauf hingedeutet, dass die Käfer mit den für sie giftigen Pflanzenwurzeln umzugehen gelernt und Resistenzen entwickelt haben.

So sei die - gentechnisch eingeschleuste - Dosis des für den Käfer ursprünglich schädlichen Proteins zu gering. Die Käfer hätten sich längst an den von Monsanto vertriebenen Genmais gewöhnt, so der Tenor der Forscher.

Im Rahmen dessen sei es auch erforderlich, die betreffenden Produkte aus dem Sortiment zu nehmen, schließlich könne sich die Situation durch immer bessere Anpassung des Maiswurzelbohrers noch weiter verschärfen, urteilen die Wissenschaftler.

Insektizide klares Eingeständnis

Das Argument des Handels für den Genmais war, dass dadurch der Einsatz von Insektiziden zurückgefahren werden könne und damit Ertragssteigerungen erzielt würden. Die Probleme mit dem Maiswurzelbohrer könnten für Monsanto nun einen herben Rückschlag bedeuten. So wurde zuletzt bereits in fünf Bundesstaaten vom Auftreten der Schädlinge berichtet.

Angesichts des vermehrt auftretenden Maiswurzelbohrers rät der Konzern nun zur Verwendung anderer seiner Saatsorten oder legt gar die Verwendung von Insektiziden nahe. Hier haken die Wissenschaftler ein: „Empfehlungen zur Verwendung von Insektiziden, während das Saatgut mit dem Argument verkauft wird, dass genau das nicht mehr notwendig ist, erscheinen als klares Eingeständnis.“ So habe man als betroffener Kunde die Wahl: Auf der einen Seite fallen Ernteausfälle ins Gewicht, auf der anderen Seite bedeuten das teure Gentech-Saatgut und die Zusatzkosten für Insektizide noch mehr finanziellen Aufwand.

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