Den Fluglinien reicht es
Europas Luftfahrtunternehmen und der Flugzeughersteller Airbus warnen Presseberichten zufolge die Regierungen eindringlich vor einem Handelskrieg mit wichtigen Wirtschaftsnationen wegen der umstrittenen EU-Klimaschutzabgabe für Fluglinien.
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In einer bisher einzigartigen gemeinsamen Aktion hätten sich die Vorstandvorsitzenden bedeutender Unternehmen der Branche in einem Brandbrief an ihre jeweiligen Regierungschefs in Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien gewandt, berichtete die Tageszeitung „Die Welt“ (Montag-Ausgabe).
Regelung seit Jahresbeginn
Alle Fluglinien, die Europa anfliegen, müssen seit Jahresbeginn ausreichend CO2-Rechte besitzen. Etwa 85 Prozent davon werden von den EU-Staaten gratis zugeteilt, der Rest muss über die Börse gekauft werden. China und die USA liegen mit der EU im Streit. Viele außereuropäische Fluglinien wollen sich nicht beteiligen, europäische protestieren wegen Wettbewerbsbehinderung.
„Erste konkrete Strafmaßnahmen“
Die seit Jahresbeginn gültige einseitige Einbeziehung der Luftfahrtgesellschaften in den Emissionshandel (ETS) bei Flügen in und ab der EU habe „bereits zu ersten konkreten Strafmaßnahmen“ von Ländern geführt, die sich gegen ETS aussprechen, heißt es in einem gemeinsamen Brief der Vorstandsvorsitzenden von Airbus und der deutschen Fluglinien Lufthansa, Air Berlin und MTU an die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der der „Welt“ laut eigenen Angaben vorliegt.
In einer gemeinsamen Aktion forderten zudem Unternehmen aus Frankreich, Spanien und Großbritannien ihre jeweiligen Regierungschefs auf, sich bei der EU-Kommission und den Anti-ETS-Regierungen dafür einzusetzen, dass der Streit über den Emissionshandel nicht auf dem Rücken der Unternehmen ausgetragen wird. Das Problem „der durch die internationale Luftfahrt verursachten Emissionen“ könne nur auf globaler Ebene angemessen gelöst werden, heißt es in dem Brief.
Appell für ausgewogene Lösung
„Wir bitten Sie deshalb, auf EU-Ratsebene - und vor allem auch bei den Staaten, die besagte Sanktionen ergreifen - nachdrücklich um Konsultationen zu ersuchen“, appellierten die Firmenchefs demnach an die Regierungen. Ziel müsse es sein, eine ausgewogene Lösung zu finden und einen größeren Handelskonflikt zu vermeiden. Die Internationale Zivilluftorganisation (ICAO) wolle dazu bis Ende 2012 einen Vorschlag vorlegen. Laut der französischen Tageszeitung „Les Echos“ gehören in Frankreich neben Airbus auch Air France und der Zulieferer Safran zu den Unterzeichnern.
China legt Zwölf-Mrd.-Dollar-Airbus-Deal auf Eis
Vor allem der europäische Flugzeughersteller Airbus schlägt Alarm. Allein die chinesische Regierung habe Bestellungen von Airbus-Flugzeugen im Wert von zwölf Milliarden Dollar auf Eis gelegt, zitieren die Zeitungen aus dem Brief. Das gefährde mindestens 1.000 Stellen an den europäischen Airbus-Standorten und mindestens ebenso viele bei den Zulieferern. Zuletzt hatte eine chinesische Zeitung berichtet, Hong Kong Airlines erwäge auf Druck der Regierung, eine Milliardenbestellung von A380-Großraumflugzeugen bei Airbus zu stornieren.
Auch Europas Fluglinien müssten sich auf höhere Kosten oder Umsatzverluste einstellen. So habe Indien angekündigt, dass Verkehrsrechte nicht verlängert werden. Russland habe zusätzliche Überfluggebühren angekündigt. Ein großer Teil der Flugrouten aus Europa heraus in Richtung Japan, China und Indien verlaufen über russischem Gebiet.
EU bleibt hart
Den Großteil ihrer CO2-Verschmutzungsrechte bekommen die Fluglinien gratis zugeteilt. Für den Rest muss bezahlt werden. Die Preise für die Tonne CO2 sind derzeit allerdings im Keller, wie auch Victoria Moores von der Vereinigung der europäischen Fluglinien (AEA)eingestehen muss - mehr dazu in oe1.ORF.at. Trotz des Drucks der Fluglinien will die EU-Kommission bisher nichts von der Regelung zurücknehmen. Auch der Europäische Gerichtshof bestätigte Ende des vergangenen Jahres, dass die CO2-Abgabe mit allen internationalen Handelsabkommen vereinbar sei.
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