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Votum für harten Sparkurs

In der immer kontroversieller geführten Debatte, wie man der schwelenden Schuldenkrise in der Euro-Zone am besten beikommen könne, gibt der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, ein unmissverständliches Votum ab: Am Sparen führt kein Weg vorbei.

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Draghi warnt die Länder der Euro-Zone, dass es keine Alternative zu Sparmaßnahmen gebe. Die wirtschaftliche Schwäche dürfe nicht als Ausrede herhalten, bei der Bekämpfung der Haushaltsdefizite nachzulassen. In einem ausführlichen Interview mit dem Wall Street Journal („WSJ“, Freitag-Ausgabe) sagte Draghi, dass der viel gepriesene Sozialstaat - mit seinem Engagement für Arbeitsplatzsicherheit und einem generellen Sicherheitsnetz - „vorbei“ („gone“) sei und kein „Modell“ mehr darstelle. Er verweist auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Spanien, die über 50 Prozent beträgt. Hier gebe es dringenden Handlungsbedarf.

Es gebe keine schnellen Lösungen für die Probleme des Kontinents, führt Draghi an. Es sei etwa unrealistisch, darauf zu hoffen, dass China mit seinen Geldüberschüssen der Euro-Zone zu Hilfe eilen werde. Stattdessen würden die anhaltenden ökonomischen Schockwellen die verschuldeten Euro-Länder dazu zwingen, strukturelle Reformen zu unternehmen. Damit werde Europa letztlich aber stärker zusammenwachsen, glaubt Draghi.

„Es gibt keinen plausiblen Zielkonflikt“

„Es gibt keinen plausiblen Zielkonflikt“ zwischen Wirtschaftsreformen und fiskalpolitischem Sparkurs. „Ein Nachlassen bei den haushaltspolitischen Zielen würde umgehend Reaktionen an den Märkten auslösen“, so Draghi im ersten Interview nach der Einigung der Euro-Finanzminister auf das zweite griechische Rettungspaket. Die Renditeabstände zwischen den Anleihen der europäischen Staaten würden sich sofort ausweiten. Durch Haushaltskonsolidierungen werde Zeit für Strukturreformen gewonnen.

Die wirtschaftlichen Aussichten für die Euro-Zone haben sich nach Einsachätzung Draghis zuletzt verbessert. Das zeigten die jüngsten Stimmungsindikatoren, so Draghi gegenüber der deutschen Tageszeitung „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“, Freitag-Ausgabe). „Die Lage ist in den einzelnen Euro-Ländern sehr unterschiedlich, hat sich aber insgesamt stabilisiert.“ Ein verlorenes Jahrzehnt wie in Japan erwartet Draghi für die Euro-Zone nicht: „Was mich zuversichtlich stimmt, sind die Reformen, die Europa in den vergangenen vier, fünf Monaten auf den Weg gebracht hat.“

Erfolg des Griechenland-Pakets erwartet

Der oberste Währungshüter glaubt an den Erfolg des zweiten Hilfspakets für Griechenland. „Mit dem Abschluss des umfangreichen Finanzpakets machen wir klar: Europa hilft Griechenland, und wichtige internationale Institutionen wie der IWF helfen mit“, so Draghi. Griechenland habe begonnen zu handeln. „Vor allem aber hat sich die politische Debatte in Griechenland gewandelt.“ Die bevorstehenden Wahlen seien daher von großer Bedeutung, so Draghi. „Es ist entscheidend, dass die neue Regierung genauso zu dem Programm steht wie die alte.“

Ein Teil der erforderlichen Anpassung der Lohnkosten, um wieder im Wettbewerb bestehen zu können, sei in Griechenland bereits geschafft. „Ein Teil der beschlossenen strukturellen Reformen wirkt nur langfristig, ein anderer Teil, etwa die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts, kann das Vertrauen aber sofort stärken.“ Draghi erwartet zudem eine ausreichende Beteiligung der Gläubiger an dem freiwilligen Forderungsverzicht für Griechenland.

„Klauseln dennoch notwendig“

Dennoch seien Klauseln notwendig, die einen für alle Gläubiger bindenden Verzicht ermöglichen, um eine größtmögliche Beteiligung zu erreichen. Es könnte auch zu einem Kreditausfall kommen, falls diese Klauseln per Gesetz eingeführt würden. Dann müsse die EZB zu ihren Prinzipien stehen und griechische Anleihen nicht mehr annehmen. „Die Alternative hierzu wäre: Wir könnten das Ereignis ignorieren und die Anleihen weiter als Sicherheiten akzeptieren - was wir nicht vorhaben.“

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