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Überraschende Juryentscheidung

Große Überraschung zum Finale der 62. Berlinale: Der Goldene Bär ist nicht an einen der Favoriten gegangen, sondern nach Italien. Der Preis wurde an den italienischen Schwarz-Weiß-Film „Cesare deve morire“ („Cäsar muss sterben“) der Brüder Paolo und Vittorio Taviani verliehen. Das gab Jurypräsident Mike Leigh am Samstagabend in Berlin bekannt.

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Für den Siegerfilm „Cäsar muss sterben“ beobachteten die Tavianis Strafgefangene in Rom, die in der Haftanstalt William Shakespeares „Julius Cäsar“ proben und aufführen. „Verrat und Mord gab es in ihrer Welt und bei Shakespeare“, erklärten die Regiebrüder die Arbeit mit den Straftätern.

„Wir hofften, dass es uns gelingen würde, ihre Wirklichkeit mit der von Shakespeare zusammenzu bringen.“ In dem mit spürbarer Zuneigung zu ihren Protagonisten gedrehten Film sind die Grenzen zwischen dokumentarischen und inszenierten Szenen fließend. Durch die Beschäftigung mit der Kunst bekommen die Gefangenen einen neuen Blick auf sich selbst.

 dpad/Michael Gottschalk

Die italienischen Regisseure Vittorio Taviani und Paolo Taviani

Die Regiebrüder Paolo und Vittorio Taviani („Mein Vater, mein Herr“, „Die Nacht von San Lorenzo“) wurden für „Cesare deve morire“ ausgezeichnet

Jurypreis für Roma-Drama

Als Entscheidung für politisch engagiertes Kino ist der Große Preis der Jury für den ungarischen Film „Nur der Wind“ („Csak a szel“) zu werten. In Zeiten nationalkonservativer Politik in Ungarn erzählt Regisseur Bence Fliegauf in seinem aufwühlenden, auf Tatsachen beruhenden Film von einer Mordserie an Roma-Familien in der ungarischen Provinz.

Rachel Mwanza als beste Darstellerin geehrt

Der Silberne Bär für die beste weibliche Darstellerleistung ging an die Kongolesin Rachel Mwanza, womit es zu keiner neuerlichen Auszeichnung für Birgit Minichmayr kam. Die Österreicherin war im Wettbewerbsfilm „Gnade“ von Matthias Glasner in der Hauptrolle zu sehen gewesen. Mwanza überzeugte die Jury der Berlinale als Laiendarstellerin in dem Film „Rebelle“ des kanadischen Regisseurs Kim Nguyen, in dem sie eine Kindersoldatin mimt.

Szene von der Berlinale

APA/EPA/Jens Kalaene

Großer Rummel bei der Preisverleihung am Samstag

Den Silbernen Bären als bester Schauspieler erhielt der Däne Mikkel Boe Folsgaard. Er spielt in dem Kostümfilm „Die Königin und der Leibarzt“ von Nikolaj Arcel den dänischen König Christian VII.

Zwei Preise für portugiesische Produktionen

Auch die zweite Chance für eine Österreicherin brachte keinen Bären. Im Kurzfilmwettbewerb überzeugte die portugiesische Produktion „Rafa“ von Joao Salaviza die Jury, die Experimentalfilmerin Billy Roisz ging mit ihrem Musikvideo „zounk!“ leer aus.

Auch den Alfred-Bauer-Preis für ein Werk, das neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet, holte sich ein Portugiese. Miguel Gomes, der zuvor schon den Kritikerpreis der FIPRESCI abholen durfte, wurde für seinen Film „Tabu“ geehrt.

„Kauwboy“ bester Erstlingsfilm

Die weiteren Silbernen Bären gingen an den deutschen Kameramann Lutz Reitemeier für eine herausragende künstlerische Leistung im chinesischen Film „Bai lu yuan“, die dänischen Drehbuchautoren Nikolaj Arcel und Rasmus Heisterberg für „Die Königin und der Leibarzt“ sowie die lobend erwähnte Schweizerin Ursula Meier für „L’enfant d’en haut“. Den besten Erstlingsfilm schuf der Niederländer Boudewijn Koole mit „Kauwboy“.

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