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ProLife-Mitgliedschaft als Bonus

Eine deutsche Krankenkasse macht mit einem Angebot Werbung, das laut dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ einmalig in Deutschland ist: Kunden der Betriebskrankenkasse für Industrie, Handel und Versicherungen (BKK IHV) bekommen eine Prämie von 300 Euro für jedes Neugeborene.

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Dazu müssen sie allerdings erst Mitglied bei der Abtreibungsgegnerorganisation ProLife werden und sich durch ihre Unterschrift verpflichten, nicht abzutreiben. ProLife gilt als eine der einflussreichsten Vereinigungen von Abtreibungsgegnern in Europa.

Aufsichtsbehörde sind Hände gebunden

Krankenkassen sind in Deutschland verpflichtet, legale Schwangerschaftsabbrüche zu finanzieren. Auf Anfrage des „Spiegel“ gab die BKK IHV an, den gesetzlichen Leistungskatalog zu erfüllen. Wie sich das mit der Kooperation mit ProLife vereinbaren lässt, blieb unbeantwortet. Durch die Kooperation mit ProLife, deren Logo groß auf der Website der Kasse prangt, balanciere die BKK IHV auf der schmalen Grenze zwischen der von einer gesetzlichen Krankenversicherung geforderten Neutralität und weltanschaulicher Werbung, schreibt das Onlineportal der „Deutschen Apotheker Zeitung“.

Doch genau diese Kooperation scheint für die BKK IHV ein gesetzliches Schlupfloch zu sein. Dem deutschen Bundesversicherungsamt (BVA), der Aufsichtsbehörde der Krankenkassen, ist die BKK IHV laut „Spiegel“ schon lange ein Dorn im Auge. Mit der Kooperation der Kasse mit ProLife scheint die Behörde aber überfordert zu sein, so der „Spiegel“. Weil ProLife ein privatrechtlicher Verein sei, habe man kein Aufsichtsrecht, so die Aufsichtsbehörde gegenüber dem „Spiegel“.

Gegenüber der „Deutschen Apotheker Zeitung“ erklärte ein Sprecher der Aufsichtsbehörde, dass zu Jahresbeginn ein Prüfverfahren gegen die BKK IHV eingeleitet worden sei. Man sehe die Kooperation mit ProLife „kritisch“.

Kritik auch von Branchenkollegen

Der Landesverband der Betriebskrankenkassen in Hessen gab laut „Spiegel“ intern bekannt, dass „zur Abwendung politischen Schadens“ der BKK IHV „dringend“ angeraten wurde, den Vertrag mit ProLife zu beenden. Der AOK Bundesverband wies seine Mitglieder laut „Spiegel“ in einem Brief an, eine „wie auch immer geartete Zusammenarbeit sowohl mit der BKK IHV als auch mit ProLife“ auszuschließen. Nach „Spiegel“-Angaben sind von den 16.000 bei der BKK IHV Versicherten circa 1.200 auch Mitglied bei ProLife.

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