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Iranische „Blockbuster“ in Wien

Anfang Februar werden im Rahmen der Iranischen Filmwoche im Wiener Filmhaus-Kino kommerzielle Filme aus dem Iran gezeigt: iranisches Kino, das im Westen kaum bekannt ist, und Filme „die den Iranern und Iranerinnen helfen, dem Alltag zu entfliehen“, wie es in der aktuellen Ausgabe der „StadtkinoZeitung“ heißt. Das Filmhaus-Special findet bis 9. Februar statt.

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Das Programm machen kleine und große Erfolgsfilme aus. Vom iranischen „Blockbuster“ bis zum Arthouse-Film - zwischen Antikriegsfilm, fast amerikanisch wirkendem Thriller und leichtgängiger Komödie befindet sich auch der iranische Oscar-Anwärter und Berlinale-Gewinner von 2011: „Nader und Simin: eine Trennung“. Das Familiendrama, das der große Preisabräumer bei internationalen Festivals ist, ist auch einer der ganz großen Publikumslieblinge im Iran.

Publikumsliebling in West und Ost

Obwohl Regisseur Asghar Farhadi schon bei der Weltpremiere seines Streifens am Fajr Film Festival in Teheran für die beste Regie und das beste Drehbuch ausgezeichnet wurde und zehn Tage später in Berlin den Goldenen Bären erhielt, zeigte sich der Teheraner anfangs unsicher und gespannt, wie der Film von seinen Landsleuten aufgenommen werde. Heute, ein Jahr später, gilt „Nader und Simin“ im Iran als einer der erfolgreichsten Arthouse-Filme aller Zeiten.

Szene aus "Nader und Simin - Eine Trennung"

Filmladen Filmverleih

Das Ehedrama „Nader und Simin“ wurde bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet

Aber auch internationale Publikumserfolge kann der Film mittlerweile verbuchen. So lockte Farhadis Drama in Frankreich über eine Million Besucher ins Kino. Die internationale Resonanz eröffne „einen neuen Horizont für das iranische Kino“, so Leila Hatami, die Hauptdarstellerin in Farhadis Drama gegenüber ORF.at.

Einen „Horizont“ des neuen populären iranischen Kinos, vor allem wegen Farhadis Filmsprache, die sich sensibel der Realität der iranischen Gesellschaft - zwischen Tradition und Moderne - nähert. Aus der Mitte der iranischen Gesellschaft heraus wird versucht, diese aus sozialkritischer Perspektive so aufrichtig und realitätsnah wie möglich zu reflektieren.

Szene aus "Nader und Simin - Eine Trennung"

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Gesellschaftskritik mit realistischen Filmmitteln

Faible für melodramatische Handlungen

„Die Iraner wissen starke, melodramatische Handlungen zu schätzen, die einen mitreißen, womöglich zum Weinen bringen. Kinoerfolge feiern außerdem leichtgängige Komödien“, so die Filmhaus-Special-Veranstalter. Den Geschmack des iranischen Filmpublikums treffen oft fast „westlich“ wirkende Thriller und Komödien - aber auch Dramen wie etwa „Here, without Me“, des im Iran oft gelobten Newcomer-Regisseurs Bahram Tavakoli, der gerade dabei ist auch zu internationaler Bekanntheit zu gelangen.

Sein 2011 fertiggestelltes Sozialdrama ist die Verfilmung des Theaterstücks „Die Glasmenagerie“ des US-amerikanischen Autors Tennessee Williams. Es ist ein bewegendes neues Kino auf „iranisch“, das in der Mitte einer iranischen Arbeiterfamilie spielt.

Preisverleihungen mit politischen Signalen

Bei den Preisverleihungen - vor allem bei der Vergabe des Goldenen Bären an „Nader und Simin“ - wurden auch politische Zeichen in Richtung Iran gesendet. Vertreter des Weltkinos forderten dabei künstlerische Freiheit sowie ein Ende von Zensur und Repression für das iranische Kino.

Filmemacher im Iran drehen Tausende Filme jährlich und das im ständigen Kampf und in Auseinandersetzung mit Zensur. Sie sind schon bevor sie ans Set gehen damit konfrontiert, Drehbücher so anzufertigen, dass diese strenger Kontrolle - unter anderem vonseiten des iranischen Regimes - standhalten können. Gesellschaftskritische Regisseure werden im Iran genau unter die Lupe genommen. Von Filmemachern ist dabei extrem viel Sensibilität im Umgang mit ihren Filmthemen gefragt.

Golden Globe Award und Oscar-Nominierung

Nach vielen Festivalpreisen folgte für „Nader und Simin“ der Golden Globe Award für den besten fremdsprachigen Film. Der beeindruckende Lauf bei Filmfestivals macht den iranischen Streifen zum aussichtsreichen Auslands-Oscar-Anwärter 2012. Bei der diesjährigen Oscar-Verleihung geht dieser in zwei Kategorien ins Rennen: in den Sparten Bester fremdsprachiger Film und Bestes Drehbuch.

Hatami zeigt sich gegenüber ORF.at höchst erfreut über die Nominierung bei den Academy Awards: „Die Nominierung ist ein großer Erfolg für den Film. Ebenso der Golden Globe Award. Jeder weiß, was die Oscars für einen Film bedeuten. Ich denke auch, dass der Film gute Chancen hat, einen Preis zu gewinnen.“

Dalibor Manjic, ORF.at

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