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Russlands guter Waffenkunde

Angesichts der eskalierenden Gewalt in Syrien steigt der Druck auf den UNO-Sicherheitsrat. Mit einer Resolution soll Syriens Präsident Baschar al-Assad zum Rücktritt gezwungen werden. Doch Russland legt sich quer.

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Die Forderung der Arabischen Liga, Assads Rücktritt als Voraussetzung für einen Friedensplan zu machen, sei ein sicherer „Weg in einen Bürgerkrieg“, sagte der russische Vizeaußenminister Gennadi Gatilow am Dienstag. Eine Resolution werde nicht zu einem Kompromiss führen, so Gatilow. Moskau hatte bereits das militärische Eingreifen des Westens in Libyen verurteilt und sich bisher strikt gegen ein gemeinsames Vorgehen des Westens gegen Syrien verwehrt.

Zugeständnisse im Resolutionsentwurf

Auf russisches Drängen war der von Arabern und Europäern eingebrachte Entwurf in den letzten Tagen überarbeitet worden, die Ächtung des Waffenhandels, der Ruf nach freien Wahlen und der Ablösung von al-Assad fand sich nicht mehr in dem Kompromiss. Ob die Zugeständnisse für eine Zustimmung der Vetomacht Russland ausreichen, ist jedoch fraglich.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow warnte am Samstag vor einem "Skandal. Der vorliegende Entwurf „passt uns überhaupt nicht“, sagte Lawrow laut französischer Nachrichtenagentur AFP dem russischen Fernsehsender Rossia. Wenn der Westen einen weiteren Skandal im UNO-Sicherheitsrat wolle, so könne Russland ihn nicht stoppen.

Milliardenschwere Waffenlieferungen

Doch nicht die Sorge um das Wohl der Zivilbevölkerung dürfte der Grund für das russische Nein sein. Vielmehr droht der einstigen Großmacht ein wichtiger Waffenkunde abhandenzukommen. Allein in den letzten Jahren wurden Waffenverträge im Wert von vier Milliarden Dollar (drei Mrd. Euro) mit Assad unterzeichnet.

Russlands Präsident Wladimir Putin und der syrische Machthaber Baschar al-Assad

AP/RIA Novosti/Mikhail Klimentyev

Enge Verbindungen zwischen Assad und Russlands Präsident Wladimir Putin

Noch im Dezember, als der Syrien-Konflikt bereits voll entbrannt war, verkaufte Russland dem arabischen Land Medienberichten zufolge 36 militärische Trainingsflugzeuge des Typs Jak-130 (NATO-Code: „Mitten“) im Wert von 550 Millionen US-Dollar (426 Mio. Euro). Die zweistrahlige Jak-130 kann mit Bomben sowie mit Raketen für den Luftkampf und die Bekämpfung von Erdzielen ausgerüstet werden. Zudem betreibt Moskau seine größte Marinebasis außerhalb Russlands in Syrien.

Russland: Kein bindendes Waffenembargo

Die USA kritisierten die russischen Rüstungsexporte nach Syrien scharf, stießen dabei jedoch auf taube Ohren. Moskau wies die Vorwürfe stets mit dem Argument zurück, dass es gegen das Land schließlich kein international bindendes Waffenembargo gebe. Kritische Stimmen wie die des prominenten russischen Außenpolitikers und Afrikaexperten Michail Margelow, der vor einer „Sackgasse“ in Syrien warnte, wurden vom Kreml geflissentlich ignoriert.

Krieg gegen die eigenen Waffen

Ein militärisches Eingreifen nach dem Vorbild Libyens würde außerdem bedeuten, dass die hochgerüstete Armee von Assad zunächst ausgeschaltet werden müsste, um sowohl Luft- als auch Bodentruppen zu schützen, analysierte der CNN-Korrespondent Nic Robertson. Das würde Moskau in eine Zwickmühle bringen. Denn niemand weiß besser Bescheid über die militärische Stärke der Regimetruppen als der Lieferant der Waffensysteme. Würde Moskau einem Einsatz etwa von NATO-Truppen zustimmen, würden diese gegen russische Waffen eingesetzt.

Regimegegner halten Karriaktur mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin und dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad

AP

Moskau hält Assad künstlich am Leben, besagt ein Oppositionsplakat

Während bei Russland die guten Waffengeschäfte im Vordergrund stehen dürften, ist auch der Westen nicht gänzlich ohne Eigeninteresse. Syrien ist ein großer Öl- und Erdgasproduzent, und um das Öl am Fließen zu halten, wird es wichtig sein, am Ende des Tages auf das richtige Pferd gesetzt zu haben. Noch sind die Quellen in staatlicher Hand, das soll sich wie in Libyen jedoch ändern. Und dann hoffen die USA darauf, dass sich die Opposition für die jahrelange Unterstützung erkenntlich zeigt.

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