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„Kindern fehlt Feinmotorik“

Zur Einschulung für alle ein iPad, und erst in der zweiten Klasse Stift und Papier zum Schreibenlernen: In drei Schulen der Stockholmer Vorortgemeinde Sollentuna hat die digitale Zukunft für sechs- und siebenjährige Erstklässler schon begonnen.

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Stadträtin Maria Stockhaus sagte der Zeitung „Dagens Nyheter“ über die bis 2013 im gesamten Stadtgebiet geplante Ausstattung aller frisch eingeschulten Mädchen und Buben mit einem Tablet-PC: „Den Kindern fehlt noch die Feinmotorik, sie können nur schwer sauber mit einem Stift schreiben.“

Es sei leichter für sie, das Lesen zu lernen, wenn sie auf die (virtuellen) Tastaturen der Tablets drückten. Die Schulverwaltung in Sollentuna will ebenfalls bis 2013 alle Schüler sowie Lehrer der Gesamtschulen mit je einem Tablet oder Laptop ausrüsten. Im Gegenzug soll es keine Schulbücher mehr geben.

Minister dagegen

Die Schulen können jeweils selbst entscheiden, ob sie iPads, Tablets mit dem Android-System oder Laptops für ihre Schüler und Lehrer anschaffen. Der schwedische Schulminister Jan Björklund sprach sich in „Dagens Nyheter“ gegen diese Pläne aus: „Ich fühle mich provoziert, wenn kommunale Schulpolitiker meinen, dass Bücher der Vergangenheit angehören.“

Man könne auch nicht sagen, dass man mit dem Schreibenlernen aufhören soll, nur weil das den Kindern schwerfalle. „Ich mache mir schon sehr Sorgen, wenn ich höre, dass manche so denken“, sagte Björklund weiter. Auch in Zukunft müssten alle selbst schreiben und rechnen können: „Man kann nicht immer einen Computer bei der Hand haben.“

„Bücher haben ganz offensichtlich ihren Platz in der Schule, und die landesweiten Prüfungen werden noch immer mit der Hand geschrieben. Ich gehe davon aus, dass die Gemeinde ihr Programm nicht völlig umsetzen wird“, so Björklund.

Kein Papier, keine Schreibstifte

Die Stadtverwaltung von Sollentuna verteilte bereits an alle Lehrer Computer. Stockhaus sagte laut der Website Thelocal.se, dass Schüler bis zum achten Lebensjahr weder Papier noch Schreibstifte bekommen werden. Bis dahin sollen sie sich bereits mit der Touchscreen-Technik angefreundet haben. Damit würden die Schüler besser für die Zukunft gerüstet, ist Stockhaus überzeugt.

Laut Stockhaus soll damit auch eine Benachteiligung sozial schlechter gestellter Kinder vermieden werden. Man habe festgestellt, dass Kinder ohne Computer zu Hause schlechtere Noten hätten. Diese Kluft würde noch weiter aufgehen, „wenn sie nicht dieselbe digitale Kompetenz wie die anderen bekommen“.

Schnelleres Lernen?

Zudem könnten Schüler am Computer wegen des direkten Feedbacks durch die Lernsoftware schneller lernen und bräuchten dabei weniger Betreuung durch Lehrer.

Tegelhagsskolan, eine in der Nähe befindliche Schule, hat bereits drei Schulstufen voll mit Computern ausgestattet. Deren Schüler hätten durchwegs überdurchschnittliche Noten. Das Projekt wird anfangs umgerechnet rund 1,9 Mio. Euro kosten, ab 2013 rund 300.000 Euro. Ein Teil der Kosten soll durch den Wegfall von Schulbüchern hereingeholt werden.

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