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„Dramatische“ Steigerung bei Altbau

1,6 Millionen Familien leben in Österreich in Mitwohnungen - das ist beinahe jeder zweite Haushalt. Die Kosten für private Wohnungen sind in den vergangenen zehn Jahren regelrecht explodiert. Das ergab eine am Mittwoch in Wien präsentierte Analyse der Arbeiterkammer (AK). Demnach fressen die Wohnkosten einen immer größeren Teil des Einkommens auf.

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„Fürs Wohnen müssen die Mieter immer tiefer ins Geldbörsel greifen“, sagte Gabriele Zgubic, Leiterin der AK-Abteilung für Konsumentenpolitik. „Das ist vor allem für junge Menschen und Familien sehr schmerzhaft. Die Wohnkosten fressen einen immer größeren Teil ihres Einkommens auf.“ Während die Löhne von 2000 bis 2010 um durchschnittlich 22 Prozent stiegen und die Inflation bei 21 Prozent lag, erhöhten sich die Mieten österreichweit im Schnitt um mehr als 34 Prozent.

Steigerungen von bis zu 67 Prozent

Die Auswertung der Mikrozensus-Daten der Statistik Austria zeigt vor allem eine „dramatische“ Teuerung bei privaten Altbaumietwohnungen. „Da gibt es eine Steigerung von ganzen 45 Prozent in den letzten zehn Jahren. Wenn man diese Mieten auch noch auffächert und Betriebskosten und Umsatzsteuer wegrechnet, so ergibt sich gar eine Steigerung von 58 Prozent und für Wien ganze 67 Prozent Steigerung“, so Zgubic. Speziell in Wien liege der gesamte Mietanstieg deutlich über Inflationsrate, Einkommensentwicklung und Österreich-Schnitt.

Vorwiegend befristete Verträge

Einen Grund für den enormen Anstieg sieht Zgubic in der Tatsache, dass aufgrund von Befristungen immer öfter neue Mietverträge abgeschlossen werden: „62 Prozent aller Neuabschlüsse werden bei Altbaumieten nur noch befristet vergeben, und das führt natürlich auch zu starken Erhöhungen der Mieten. Denn es ist leichter, eine Miete nach drei Jahren stärker anzuheben, als wenn sie immer mit der Inflation steigen würde.“

Vermieter wehren sich: Sanieren ist teuer

Die Wiener Immobilientreuhänder wehren sich gegen die Vorwürfe der AK und orten den Grund für die stark gestiegenen Mieten vielmehr in den zahlreichen Sanierungen und Wohnungszusammenlegungen: „In den Substandardwohnungen, die früher 1,54 Euro pro Quadratmeter gekostet haben, will heute niemand mehr wohnen“, sagte Fachgruppenobmann Oliver Brichard am Mittwoch. „Ein fairer Vergleich wäre eine Wohnung, die z. B. 1995 saniert und 2000 neu vermietet worden ist. Hier sind die Hauptmietzinse bis heute unterhalb der Inflationsrate geblieben“, so Brichard.

Dass ein Teil des Anstiegs auf Sanierungen und Wohnungszusammenlegungen zurückzuführen sei, räumte auch AK-Experte Walter Rosifka ein, aber: „Sanieren tun alle, die Gemeinnützigen sogar überproportional, und sie sind trotzdem billiger als private Vermieter.“ Zudem stiegen die Betriebskosten laut AK-Analyse im Vergleichszeitraum nur im Rahmen der Inflation. Die Preissteigerung sei damit allein auf die Hauptmietzinsen zurückzuführen.

Hohe Mieten gefährden Arbeitsplätze

Das Ergebnis sei, dass die Einnahmen der Immobilienbesitzer immer mehr zulegten, die Mieter hätten durch den geringeren Anstieg der Löhne jedoch immer weniger Geld zur Verfügung. „Steigen die Mieten, sinkt auch der gesamtwirtschaftliche Konsum, was sich auf die Arbeitsplätze niederschlägt“, argumentierte die AK. „Es ist daher davon auszugehen, dass der Anstieg der Hauptmietzinse von knapp 20 Prozent über der Inflation zwischen 2000 und 2010 zum Verlust von mehreren tausend Arbeitsplätzen führen kann.“

Transparentes Richtwertmietsystem gefordert

Die AK fordert nun eine spürbare Entlastung für Mieter. Das Richtwertmietsystem soll transparent und die Zuschläge mit maximal 20 Prozent begrenzt werden. Außerdem sollen Grundsteuer, Versicherungskosten und Kosten für die Hausverwaltung nicht mehr über die Betriebskosten den Mietern verrechnet werden, verlangt die AK. Dem vor kurzem veröffentlichten Vorschlag des Österreichischen Verbandes der Immobilientreuhänder (ÖVI), das Mietrecht völlig neu aufzusetzen, kann AK-Expertin Zgubic wenig abgewinnen: „Richtig, das Mietrecht ist komplex, eine gesetzlich klare Regelung ist für uns jedenfalls aber wesentlich.“

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