Nach Havarie vor bretonischer Küste
Was geschieht mit havarierten Schiffen, wenn sie auseinanderzubrechen drohen oder zu groß sind, um abgeschleppt zu werden? Diese Frage stellt sich bei dem vor der italienischen Küste verunglückten Kreuzfahrtschiff. Das Beispiel des Mitte Dezember vor der Bretagne gestrandeten Frachters „TK Bremen“ zeigt, wie ein Schiff schichtweise an Ort und Stelle innerhalb eines Monats abgetragen werden kann.
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Der unter maltesischer Flagge fahrende Frachter „TK Bremen“ war in dem Sturmtief „Joachim“ Mitte Dezember vor der Südküste der Bretagne in Frankreich gestrandet. Bereits kurz nach dem Unglück wurde mit dem Abpumpen des Öls begonnen, die Tanks des Frachters waren zum Zeitpunkt des Unglücks mit rund 200 Tonnen Heizöl und 40 Tonnen Diesel nicht mehr voll gefüllt. Dennoch wurde eine Umweltkatastrophe befürchtet. Der Frachter war mitten in einem Naturreservat gestrandet.

Reuters/Stephane Mahe
Mit Spezialmaschinen wurde die „TK Bremen“ schichtweise abgetragen
An ein Abschleppen war Experten zufolge nicht zu denken. Der Rumpf des Schiffes war durch Felsen zu stark zerstört worden. Eine Reparatur des Frachters an Ort und Stelle war nicht möglich. In den vergangenen Wochen wurde daher das Schiff von Spezialisten mit schweren Maschinen und Kränen, die über eine eigens gebaute Metallstraße über den Sand fuhren, zerstört, die Teile abgebaut und abtransportiert. In den nächsten Tagen sollen noch die letzten Trümmer beseitigt und der Strand gereinigt werden.

Reuters/Stephane Mahe
Nach dem Abbau des Frachters soll nun der Strand gereinigt werden
„Costa Concordia“ dreimal so lang
Könnte das Abtragen des Schiffes ein Vorbild für das italienische Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ sein? Die Bewohner der Insel Giglio fürchten, dass wenn das breite Interesse an dem Schiffsunglück schwindet, das Wrack monatelang vor der Insel und der Hafeneinfahrt bleibt. Sie fürchten um den Tourismus mitten in einem der größten europäischen Meeresschutzgebiete und die 13 Tauchgebiete entlang ihres Küstenstreifens.
Krisenstabsleiter Franco Gabrielli betonte zwar, dass die Reederei einen Plan vorlegen müsse, wie das schwere Schiff wegzuschaffen sei. Das könne aber noch Wochen und Monate dauern. Zudem ist die „Costa Concordia“ mit 290 Metern fast dreimal so lang wie der nun vor der bretonischen Küste abgetragene Frachter mit 109 Metern vom Rumpf bis zum Heck. Selbst mit den stärksten Lastkränen wird das Gewicht der „Concordia“ nicht zu tragen sein.
2.300 Tonnen Treibstoff abpumpen
Die Reederei „Costa Crociere“ plant offenbar, das Schiff zu bergen. Schließlich wurde die „Costa Concordia“, mit Baukosten von 450 Mio. Euro, erst 2006 getauft. Die „TK Bremen“ wurde immerhin bereits 1982 gebaut und hat schon mehrere Jahrzehnte abgedient. Es sei eine Gesellschaft damit beauftragt worden, einen Plan zur Bergung zu erarbeiten, sagte „Costa-Crociere“-Chef Pierluigi Foschi: „Die Bergung der ‚Costa Concordia‘ wird ein zyklopisches Unternehmen sein.“
Das deutsche Havariekommando rechnet aber nicht damit, dass die „Concordia“ als Ganzes geborgen werden kann. Offizielle Pläne, was mit dem riesigen Kreuzfahrtschiff passieren soll, gibt es noch nicht. „Alles ist Spekulation“, sagte der Sprecher der Bergungsfirma Smit Salvage, Martihn Schuttevaer, gegenüber dem „Spiegel“. Bis es zu einer Entscheidung kommt, könnte es Monate dauern. Zunächst liegt das Augenmerk darauf, das Öl abzupumpen.
Auch die Treibstoffmengen der „Costa Concordia“ sind nicht mit der „TK Bremen“ zu vergleichen. 2.300 Tonnen Diesel- und vor allem aber Schweröl müssen aus den 17 Tanks des Kreuzfahrtschiffs abgepumpt werden. Am Samstag soll damit begonnen werden, um eine Umweltkatastrophe zu verhindern. Schon Anfang der Woche waren Ölflecken von insgesamt 60.000 Quadratmetern rund um das Wrack entdeckt worden.
Noch immer über 20 Vermisste
Die niederländische Firma Smit Salvage prüft nun, welche Verfahren zum Abpumpen eingesetzt werden können. Der dickflüssige Teil des Treibstoffs soll geplanterweise zunächst auf 40 bis 50 Grad angewärmt und und dann in ein Tankschiff abgepumpt werden. Die leeren Tanks des Kreuzfahrtschiffs sollen dann mit Wasser gefüllt werden, um die Stabilität des Wracks zu sichern. Ist das Verfahren einmal in Gang gesetzt, soll rund um die Uhr Treibstoff abgepumpt werden, in vier Wochen soll diese Aktion beendet sein.
Bisher wartete man noch mit dem Abpumpen, da Taucher weiterhin nach Vermissten in dem Schiff suchen. Starker Wind und der hohe Seegang gefährdeten die Sicherheit der Einsatzkräfte, daher musste die Suche immer wieder unterbrochen werden. Es gelten weiterhin mehr als 20 Menschen als vermisst. Am Dienstag wurde eine tote Frau gefunden. Die Zahl der geborgenen Opfer stieg damit auf 16.
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