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Breite Zustimmung für den Querdenker

Mit seiner mageren Statur und dem freundlichen Gesicht gibt Ron Paul nicht das klassische Bild eines US-Präsidenten ab. Doch im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern hat er eine Mission: die Bürger von einem alle bevormundenden, gierigen und zu teuren Staat befreien. Und das mit Erfolg - bei den Vorwahlen gehört er mittlerweile zu den Favoriten, auch wenn das die Republikaner gar nicht gerne sehen.

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Der 76-jährige Texaner ist bereits ein alter Hase in Bezug auf US-Vorwahlen. Schon zweimal (1988 und 2008) trat er zum Rennen ums Weiße Haus an. Und auch wenn seine Kandidaturen letztendlich kläglich scheiterten, war er stets für Schlagzeilen gut. 2012 ist nun alles anders: Während seine unkonventionellen Ideen offenbar den Nerv der jungen, frustrierten Republikaner treffen, wird er von den großen US-Medien plötzlich geflissentlich ignoriert.

Aktive Onlinefangemeinde

Kein anderer Kandidat kann auf so eine große Twitter- oder Facebook-Gemeinde verweisen wie Paul. Auf YouTube finden sich mehr Videos von ihm als von seinen republikanischen Mitbewerbern Mitt Romney und Newt Gingrich zusammen. In unzähligen Onlineblogs werden seine mitunter recht unkonventionellen Ideen diskutiert, und auf Konferenzen zu Wirtschaftsthemen ist er eine gerngesehener Gast. Doch selbst im Republikaner-freundlichen US-Sender Fox findet der Arzt und Selfmade-Ökonom kaum Erwähnung.

Die republikanischen Präsidentschaftskandidaten Rick Santorum, Mitt Romney, Newt Gingrich und Ron Paul

APA/EPA/Erik S. Lesser

Rick Santorum, Mitt Romney, Newt Gingrich und Ron Paul (v. l. n. r.)

Platz zwei in New Hampshire

Und da half auch sein gutes Abschneiden bei den Vorwahlen wenig. Immerhin belegte er in New Hampshire mit fast einem Viertel aller Stimmen Platz zwei hinter Favorit Romney. In Iowa lag er mit 21 Prozent nur knapp hinter dem späteren Sieger Rick Santorum (25 Prozent). Selbst populäre Kandidaten wie Michele Bachmann und Rick Perry, die lange als Topkandidaten gehandelt wurden und später aufgrund ihrer schlechten Ergebnisse das Handtuch warfen, konnte er locker abhängen. In den Nachrichten fand das jedoch kaum Beachtung.

„Das 13. Stockwerk eines Hotels“

Die hartnäckige Weigerung, Paul die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, rief auch den Komiker Jon Steward auf den Plan. In seiner „The Daily Show“ machte er sich über die „Medienmafia“ lustig, die zwar über den Außenseiter Jon Huntsman ausführlich berichtete, jedoch beim Verlesen von Umfragerankings Pauls Namen einfach übersprang. „Wie kam es, dass Paul zum 13. Stockwerk eines Hotels wurde?“, fragt Steward in Anspielung auf die aus Aberglaube oftmals entfernte Nummer.

Gegen Irak-Krieg und Steuern

Der freundliche Gynäkologe aus Texas liegt mit seiner Forderung nach einem Abtreibungsverbot und freiem Zugang zu Waffen auf Linie mit den Republikanern - doch damit enden auch schon die Gemeinsamkeiten. Paul stimmte als einziger republikanischer Kandidat gegen den Irak-Krieg. Zudem hat Paul noch nie einem Budget mit Defizit zugestimmt, noch nie für eine Steuererhöhung die Hand gehoben und umgekehrt auch noch nie Steuergeld akzeptiert.

Seinen Kindern finanzierte er die universitäre Ausbildung selbst, verbot ihnen die Annahme von Studentenkrediten, weil diese durch Steuergeld unterstützt werden. Die Idee einer Politikerpension bezeichnete er einmal als „pervers“ und hat eine solche für sich entrüstet abgelehnt. Zahlungen von staatlichen Gesundheitsorganisationen für Patienten nahm er nie an, behandelte die Frauen lieber unentgeltlich, als Geld aus Washington anzunehmen.

Der österreichische Wirtschafts-Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek

APA/Holz-Schwarz

Der österreichische Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich Hayek

Libertärer auf Konfrontationskurs

Als libertärer Querdenker will er die Rolle des Staates so klein wie möglich halten und die Individualrechte des Einzelnen stärken. Die Bundesverwaltung will Paul bis auf wenige Ausnahmen gänzlich abschaffen. Fast alle Ministerien stehen auf seiner Abschussliste. Die Grundlage für seine Forderungen bildet die Österreichische Schule der Nationalökonomie - die Bilder ihrer berühmten Vertreter Friedrich Hayek und Ludwig Mises hängen in seinem Büro.

Paul kritisiert heftig die heutige Form der Geldpolitik, nämlich - wie er sagt - „einfach so viele Geldscheine zu drucken, wie man gerade politisch für notwendig erachtet, ohne echten Gegenwert“. Wenn es nach Paul geht, würden die US-Notenbank abgeschafft und Gold und Silber wieder als Zahlungsmittel eingeführt. Mit seinen Ideen steht er im völligen Widerspruch zu US-Präsident Barack Obama, aber auch zu seinem republikanischen Mitbewerber Romney.

Angst vor unabhängigen Kandidaten

Und gerade hier steckt das Dilemma für die Republikaner. Zwar rechnet niemand ernsthaft damit, dass Paul das Nominierungsrennen gewinnt, aber die Sorge ist groß, dass er - angetrieben von seiner eigenen Überzeugung und angefeuert von seiner wachsenden Fangemeinde - als Unabhängiger zur US-Präsidentschaftswahl antreten könnte, und damit dem offiziellen Republikaner-Kandidaten wichtige Stimmen abjagen könnte.

Der konservative Senator von South Carolina, Jim DeMint, ist nun sogar dafür, einige der libertären Ideen Pauls zu übernehmen. „Ich stimme nicht in allem mit ihm überein, aber er hat recht mit dem, was er über die Notenbank sagt, die außer Kontrolle geraten und unberechenbar ist.“ Sollten die anderen Kandidaten Pauls Ansichten über die Geldpolitik und die Beschränkung der Staatsmacht ignorieren, werde es ihnen schaden, denn „die 20 oder 25 Prozent, die ihn unterstützen, sind die Leute, die wir in der Republikanischen Partei brauchen“.

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