Gläubiger von Plan nicht überzeugt
Einer der wichtigsten Gläubiger der insolventen deutschen Drogeriemarktkette Schlecker hat laut einem Pressebericht Vorbehalte gegen eine Planinsolvenz in Eigenverwaltung. Wie die „Financial Times Deutschland“ („FTD“) am Montag berichtete, signalisierte der Einkaufsverbund Markant dem zuständigen Amtsgericht Ulm bereits seine Bedenken.
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Bei einem von dem Schlecker-Management angestrebten Planverfahren in Eigenverwaltung könnten Gesellschafter und Management weiter über das Unternehmen bestimmen. Die Gläubiger müssten freiwillig auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Zwei führende deutsche Insolvenzverwalter äußerten sich laut „FTD“ nun skeptisch über die Planinsolvenz. „Die Gläubiger werden nur zum Verzicht bereit sein, wenn auch die Eignerfamilie einen erheblichen Beitrag leistet“, sagte einer der beiden Juristen, die anonym bleiben wollten.
Österreich nicht betroffen
Die Eignerfamilie Schlecker könnte somit die Kontrolle über das Unternehmen verlieren - im Extremfall könnte es zerschlagen werden. Die Kinder des Gründers Anton Schlecker, Lars und Meike, übernahmen 2010 die Führung. Eine Änderung der Situation schafften sie nicht. Nun könnte die Familie mit ihrem Privatvermögen zur Kasse gebeten werden.
47.000 Beschäftigte
In ganz Europa gab es laut Zahlen von Mitte 2011 etwa 11.000 Schlecker-Filialen. Die Zahl der Mitarbeiter gab Schlecker europaweit mit rund 47.000 an, davon etwa 35.000 in Deutschland.
Das Auslandsgeschäft von Schlecker, zu dem auch Österreich mit 970 Filialen und rund 3.000 Mitarbeitern gehört, sei von der Insolvenz nicht betroffen, wie das Unternehmen am Montag in Ehingen mitteilte.
Insolvenzverwalter bestellt
Schlecker beantragte Montagfrüh Planinsolvenz beim Amtsgericht Ulm. „Bei uns ist ein unterzeichnetes Fax eingegangen“, sagte ein Sprecher des Gerichts. Die Planinsolvenz betreffe die Anton Schlecker e.K. sowie die Schlecker XL GmbH und die Schlecker Home Shopping GmbH, teilte das Unternehmen mit.
Arndt Geiwitz wurde Montagnachmittag vom Gericht als vorläufiger Insolvenzverwalter von Schlecker bestellt. Danach begann der Partner der Neu-Ulmer Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner mit der Prüfung der Bücher der Anton Schlecker e.K. in Ehingen, wie ein Sprecher des Ulmer Amtsgerichts sagte. Es gehe zunächst darum, ob genügend Insolvenzmasse vorhanden sei. Das Gericht gehe aber davon aus.
Schlecker hatte am Freitag angekündigt, wegen finanzieller Engpässe in die Planinsolvenz gehen und sich selbst sanieren zu wollen. Der Geschäftsbetrieb soll unverändert weitergehen, die Zahlung der Gehälter für die Angestellten sei über das Insolvenzausfallgeld gesichert. Für die Sanierung ist Schlecker auf Arbeitnehmervertreter ebenso wie Lieferanten und Vermieter angewiesen, wie die „FTD“ weiter schreibt. Die Belegschaft war bereits Mitte Dezember gebeten worden, vorübergehend auf Gehalt zu verzichten, um das Unternehmen zu retten. Doch zu Verhandlungen kam es bisher nicht.
Schlecker hebelt Beschäftigungspakt aus
Mit dem Insolvenzantrag gewinne Schlecker zunächst Zeit, schreibt die Zeitung weiter. In den ersten drei Monaten nach Antragstellung zahle der deutsche Staat die Gehälter der rund 30.000 Mitarbeiter. Gleichzeitig heble Schlecker mit dem Insolvenzantrag einen noch bis Mitte des Jahres geltenden Beschäftigungssicherungspakt aus. Die Kette könne daher durch Filialschließungen überflüssig gewordene Kassiererinnen kündigen. Das kurzfristige Kündigungsrecht treffe auch die Vermieter von Filialen, so die „FTD“.
Sollten die Gläubiger der Planinsolvenz zustimmen, müsste Schlecker eine weitere Hürde nehmen, so die Zeitung. Das Gericht müsse klären, ob es eine Eigenverwaltung durch die bisherigen Manager akzeptiere. Der eigentliche Insolvenzverwalter wäre dann als Sachwalter der Gläubiger weitaus weniger mächtig, so die „FTD“.
Gewerkschaft: Arbeitplätze erhalten
Die Gewerkschaft ver.di sprach sich für ein Planverfahren aus. Eine Planinsolvenz sei „möglicherweise besser, weil sie auf den Fortbestand des Unternehmens ausgerichtet ist“, sagte die ver.di-Handelsexpertin Stefanie Nutzenberger der „Passauer Neuen Presse“ (Montag-Ausgabe). „Ziel ist auf jeden Fall der Fortbestand des Unternehmens und daran ausgerichtet der Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze“, sagte Nutzenberger der Zeitung.
Seit Jahren rote Zahlen
Eine Zwischenfinanzierung für die anstehende Sanierung sei gescheitert, hatte Schlecker am Freitag mitgeteilt. Daher könnten die weiteren Maßnahmen der aktuell laufenden Restrukturierung nicht so umgesetzt werden wie geplant. Um welchen Betrag es geht, wollte ein Sprecher nicht sagen. Laut dpa-Informationen kam die geplatzte Geldspritze für die Geschäftsführung sehr überraschend. Mit der Massenschließung von Filialen und einer Modernisierung der übrigen Geschäfte wollte die Kette wieder in die schwarzen Zahlen kommen.
Schlecker hatte im November und Dezember 600 seiner ursprünglich knapp 8.000 Filialen geschlossen. Einen Bericht von voriger Woche, wonach deutschlandweit die Schließung weiterer 615 Filialen anstehe, wollte das Unternehmen nicht kommentieren.
Schlechtes Image blieb haften
Experten sehen für Schlecker kaum Chancen auf einen Fortbestand. Schlecker ist sein schlechtes Image trotz Bemühungen der jüngeren Generation nie losgeworden. Der deutsche Drogeriekonzern wird vor allem mit Skandalen um Mitarbeiter verbunden, zuletzt war immer wieder von Filialschließungen, Umsatzrückgängen, Warenlücken und Finanzproblemen zu lesen - Probleme, die der Konzern zumeist dementierte oder herunterspielte. Branchenkenner glauben nicht, dass sich für Schlecker ein Investor finden lässt. Ein Zerschlagungsszenario erscheint am wahrscheinlichsten.
Im Geschäftsjahr 2010 war der europaweite Umsatz von Schlecker um rund 650 Mio. Euro auf 6,55 Mrd. Euro gesunken. Für 2011 rechnete das Unternehmen erneut mit sinkenden Erlösen. Zahlen zum Gewinn oder Verlust nennt Schlecker traditionell nicht.
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