„Ein großer Tag für Kroatien“
Die kroatische Bevölkerung hat am Sonntag grünes Licht für den EU-Beitritt ihres Landes gegeben. Bei dem mit Spannung erwartete Referendum stimmten rund zwei Drittel mit Ja. Die frühere jugoslawische Teilrepublik soll am 1. Juli 2013 als 28. Mitglied in die EU aufgenommen werden.
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Wie die Wahlkommission nach Auszählung von 99,1 Prozent der Stimmen mitteilte, sprachen sich 66,25 Prozent für den Beitritt in die Staatengemeinschaft aus. Der Anteil der Nein-Stimmen wurde mit 33,15 Prozent angegeben. Bestätigt wurde von der Wahlkommission aber auch die geringe Wahlbeteiligung. Von den 4,5 Millionen Stimmberechtigten nahmen demnach lediglich 43,67 Prozent an der Abstimmung teil.
„Kroatien bleibt Kroatien“
Die Staats- und Regierungsspitze feierte am Sonntagabend in Zagreb dennoch das Ergebnis der EU-Abstimmung. Die „drei Präsidenten“, wie sie die kroatischen Medien ankündigten, Staatspräsident Ivo Josipovic, Ministerpräsident Zoran Milanovic und Parlamentspräsident Boris Sprem, wandten sich mit kurzen Botschaften an die Öffentlichkeit und stießen darauf im Parlament mit Champagner auf das erfolgreiche Referendum an.
„Kroatien hat entschieden, dass es EU-Mitglied sein will. Ich gratuliere. Das ist ein historischer Moment, denn zum ersten Mal haben wir eine wichtige Entscheidung allein getroffen. Für Erfolg und Misserfolg sind wir selbst verantwortlich“, sagte Premier Milanovic. Sprem sagte: „Guten Abend und guten Morgen. Mit dieser Begrüßung möchte ich sagen, dass nun ein neuer Tag, ein neuer Abschnitt, ein besseres Leben beginnt. Kroatien bleibt Kroatien, allerdings mit einem weiteren Blickfeld und größeren Möglichkeiten.“
„Es war ein großer Tag für Kroatien. Kroatien hat Europa gewählt. Die Werte, die wir während der Verhandlungen erlangt haben, was wir erwarten, ist genauso groß. Ich gratuliere allen, die zum Referendum gingen und ich danke auch jenen, die dagegen gestimmt haben“, so Staatschef Josipovic.
"Empfangen Kroatien mit offenen Armen
Der EU-Delegationsleiter in Kroatien, Paul Vandoren, äußerte ebenfalls Freude: „Die EU empfängt Kroatien mit offenen Armen. Ich bin ein wenig ungeduldig, bis der Ratifikationsprozess des Beitrittsvertrags in den EU-Mitgliedsländern nicht abgeschlossen ist. Doch Kroatien wird am 1. Juli 2013 ein vollwertiges EU-Mitglied sein“, so Vandoren.
Auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso und EU-Ratspräsident Herman van Rompuy begrüßten das Ergebnis des Referendums. In einer gemeinsamen Stellungnahme betonten sie am Sonntagabend, dass der künftige EU-Beitritt Kroatiens ein „klares Signal an die gesamte Region Südosteuropas“ sende. „Es zeigt, dass durch politische Courage und entschiedene Reformen die EU-Mitgliedschaft greifbar ist. Das heutige positive Votum ist daher eine gute Nachricht für Kroatien, eine gute Nachricht für die Region und eine gute Nachricht für Europa.“
Warnung vor „Katastrophe“
Die niedrige Wahlbeteiligung führte der erst kürzlich angetretene Regierungschef Milanovic unterdessen auf die Enttäuschung der Bürger mit der Politik zurück. „Die Menschen sind offensichtlich enttäuscht - das ist eine Botschaft, die der Situation des Landes geschuldet ist, und eine Botschaft an meine Regierung.“ Gegner des EU-Beitritts forderten eine Wiederholung des Referendums: „Die Abstimmung war nicht legitim, weil nicht die Mehrheit des Volkes teilgenommen hat.“
Obwohl praktisch alle Medien sowie Regierung und Opposition einhellig für ein Ja zur EU geworben hatten, konnten die EU-Gegner offensichtlich doch punkten und die Bürger von der Abstimmung fernhalten. „Kroatien ignoriert das Referendum“, titelte die Zeitung „Danas“ in Zagreb. Kroatien werde ans Ausland verkauft und verliere seine Identität, hatte das Lager der radikalen Nationalisten seine Ablehnung begründet.
Dagegen warb selbst das Idol der Extremisten für den EU-Beitritt. „Ich werde für die EU stimmen, weil wir zivilisatorisch dahin gehören“, kündigte der vom UNO-Kriegsverbrechertribunal angeklagte General Ante Gotovina am Wahltag aus seiner Gefängniszelle an. Dagegen hatten die Befürworter gewarnt, ein Nein zu Brüssel führe für das kleine Kroatien unweigerlich in eine „wirtschaftliche und politische Katastrophe“.
Erst zweite Volksabstimmung
Die Verhandlungen zwischen Zagreb und Brüssel laufen bereits seit 2005, allerdings gerieten sie wegen eines Grenzkonflikts mit Slowenien immer wieder ins Stocken. Im Dezember unterzeichnete Kroatien, das 1991 seine Unabhängigkeit von Jugoslawien erklärt hatte, schließlich den Beitrittsvertrag. Die 27 EU-Länder müssen dem Beitrittstermin noch endgültig zustimmen, was allerdings nur noch als Formsache gilt.
Es ist erst die zweite Volksabstimmung in Kroatien. Bei der ersten hatten sich die Bürger im Mai 1991 für ihre Trennung vom damaligen Jugoslawien und die Selbstständigkeit ausgesprochen. Acht osteuropäische EU-Länder hatten vor ihren Beitritten im Jahr 2004 ebenfalls Referenden durchgeführt. Die Zustimmung hatte von 67 Prozent in Estland und Lettland bis zu 92 Prozent in der Slowakei gereicht.
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