USA erwägen Schließung von Botschaft
Ungeachtet der diplomatischen Bemühungen prägt Gewalt weiter das Bild aus Syrien. In mehreren syrischen Provinzen herrscht Beobachtern zufolge inzwischen Bürgerkrieg. Eine Entspannung sei mit Blick auf zunehmende Gefechte zwischen Armee und Deserteuren nicht in Sicht.
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Laut Aktivisten seien zuletzt in der Nähe des libanesischen Grenzübergangs Masnaa Dutzende von Fahrzeugen mit Kämpfern der libanesischen Schiitenbewegung Hisbollah gesichtet worden. Sie hätten Kampfparolen gerufen und geschworen, der alawitischen Minderheit zu helfen, der Staatschef Baschar al-Assad angehört.
Gleichzeitig meldeten die Aktivisten unter Berufung auf einen Offizier der libanesischen Armee, es gebe Pläne, die grenznahe syrische Ortschaft al-Sabadani zu überrennen, die von der Protestbewegung kontrolliert wird. Dort hatte es diese Woche nach Kämpfen zwischen Deserteuren und Regierungstruppen eine Art „Waffenruhevereinbarung“ gegeben.
Erneut Dutzende Tote
Auch in anderen Landesteilen geht das Blutvergießen weiter. Sicherheitskräfte töteten bei Razzien und Protestaktionen nach Angaben von Aktivisten am Freitag mindestens 18 Menschen.
Am Samstag kamen nach Informationen einer Menschenrechtsorganisation bei einer Explosion im Nordwesten des Landes mindestens elf weitere Personen ums Leben. Bei den Opfern handle es sich um die Insassen eines Minibusses, der Häftlinge transportiert habe, teilte die in London ansässige Organisation Syrian Observatory for Human Rights am Samstag mit.
„Wir sind ernsthaft besorgt“
Wegen der anhaltenden Gewalt erwägen die USA nun die Schließung ihrer diplomatischen Vertretung in der Hauptstadt Damaskus. Es gebe ernsthafte Sicherheitsbedenken, erklärte das US-Außenministerium am Freitag in Washington. Wenn die syrische Regierung keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der US-Botschaft einleite, werde die Vertretung in den kommenden Tagen geschlossen.
„Wir sind ernsthaft besorgt über die verschlechterte Sicherheitslage in Damaskus, einschließlich der jüngsten Autobombenanschläge“, hieß es in einer Mitteilung des US-Außenministeriums. „Wir sorgen uns um die Sicherheit des Botschaftspersonals.“
Erst am 11. Januar hatte das State Department mitgeteilt, die Zahl der Botschaftsmitarbeiter in Damaskus weiter zu reduzieren. Davor hatten die USA bereits im Oktober Personal aus der Botschaft abgezogen und den Familien der Mitarbeiter die Ausreise empfohlen. Auch US-Botschafter Robert Ford hatte Syrien im Oktober aus Sicherheitsgründen verlassen, kehrte aber im Dezember zurück.
Assad-Sturz „unvermeidbar“
Die US-Regierung hielt auch am Freitag den Druck auf Assad aufrecht und bezeichnete seinen Sturz von der Macht als „unvermeidbar“. „Es ist klar, dass sein Regime keine volle Kontrolle mehr über das Land hat“, sagte Jay Carney, der Sprecher von US-Präsident Barack Obama. Die internationale Gemeinschaft werde Syrien weiter isolieren.
UNO: Über 5.400 Tote
Trotz einer seit Ende Dezember eingesetzten Beobachtermission der Arabischen Liga in Syrien hält die Gewalt der Führung von Staatschef Assad gegen Zivilisten in dem Land weiter an. Seit dem Beginn von Massenprotesten gegen den Präsidenten Mitte März wurden nach UNO-Angaben mehr als 5.400 Menschen getötet. Am 23. Dezember hatten zudem Selbstmordattentäter mit Autobomben zwei Anschläge auf Gebäude des Geheimdienstes und der Sicherheitskräfte in Damaskus verübt und dabei 44 Menschen getötet. Die syrische Regierung machte das Terrornetzwerk Al-Kaida verantwortlich.
Beratungen über Beobachtermission
In Kairo traf unterdessen der Leiter der Beobachtermission der Arabischen Liga in Syrien, der sudanesische General Mohammed al-Dabi, ein. Er hat einen Bericht über den einmonatigen Beobachtereinsatz vorbereitet, der am Wochenende bei der Arabischen Liga diskutiert werden sollte. Die Liga will daraufhin entscheiden, ob der von vielen Beobachtern als erfolglos eingestufte Einsatz verlängert werden soll oder nicht.
Das Ziel der Liga, das Blutvergießen in dem Konflikt zwischen dem Regime und der Protestbewegung zu beenden, wurde bisher nicht erreicht. Syrische Oppositionelle protestierten am Freitag vor dem russischen Konsulat in Istanbul gegen die Haltung Moskaus im Syrien-Konflikt. Russland verhindere im UNO-Sicherheitsrat Sanktionen gegen Assad und sei daher mitverantwortlich für den Tod von Zivilisten in Syrien, erklärten die rund 100 Demonstranten.
„Gegenbericht“ zu Beobachtermission
Die syrische Opposition wollte dem Bericht der Beobachtermission an die Arabische Liga zudem eine eigene Darstellung entgegensetzen. Wie die dpa aus dem Umfeld führender Regimegegner erfuhr, rechnen die Aktivisten damit, dass sich in dem offiziellen Bericht nicht alle Angriffe der Regierungstruppen auf Demonstranten wiederfinden.
Insgesamt 165 arabische Beobachter hatten in den vergangenen vier Wochen zahlreiche Krisenherde in Syrien besucht. Die Mission endete am Donnerstag. Oppositionelle kritisierten, dass die Teams vom Assad-Regime massiv getäuscht worden sei.
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