Buchungszahlen bisher stabil
Die Wachstumspläne der boomenden Kreuzfahrtbranche könnten durch das Unglück der „Costa Concordia“ einen Dämpfer erleiden. Touristiker sorgen sich um das Image, gröbere Rückgänge bei den Buchungszahlen gibt es aber offenbar nicht. Auch längerfristig erwarten Experten kaum negative Folgen.
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Das Schiffsunglück vor der italienischen Küste wird den seit Jahren boomenden Markt für Kreuzfahrten nicht stoppen. Auch unmittelbar nach der Havarie der „Costa Concordia“ werden weiterhin ungebremst Schiffsreisen gebucht.
Der heimische Marktführer unter den Reiseveranstaltern, TUI, und Österreichs größter Tourismuskonzern Verkehrsbüro, der Seereisen über die RUEFA-Reisebüros anbietet, haben in den Tagen nach dem Untergang des Kreuzfahrtschiffes keine Stornowelle erlebt. „Jeder ist betroffen und es wird einem mulmig, wenn man das verunglückte Schiff in den Medien sieht, aber die Buchungen laufen normal weiter“, sagte Verkehrsbüro-Sprecherin Birgit Reitbauer. Der Schock bei den Außenstehenden dürfte nicht allzu tief sitzen.
„Unglück nicht auszuschließen“
Solche Unglücke könne man leider nicht ausschließen, wichtig sei dann jedoch ein gutes Krisenmanagement, sagte Alexis Papathanassis, Professor für Kreuzfahrtmanagement, dem deutschen „Handelsblatt“. Unfälle können passieren, „entscheidend aber ist das Verhalten vor, während und nach einem solchen Schiffsunglück“, so Papathanassis weiter. Auf der „Costa Concordia“ aber herrschte übereinstimmenden Augenzeugenberichten zufolge während der Evakuierung das blanke Chaos.
Gerade deshalb bangen nun viele Reedereien um ihr Sommergeschäft. Die Berichte über falsche Ansagen an die Passagiere sowie über die Hektik und die Hilflosigkeit einer völlig überforderten Crew sorgen nicht gerade für Vertrauen. Gerade jetzt aber, zwischen Jänner und März, werden die meisten Buchungen für den Sommer vorgenommen.
Branche boomt seit Jahren
Kurzfristig drohen also Gefahren, mittelfristig rechnen Fachleute jedoch nicht mit einem größeren Einbruch: „Tendenziell haben solche Unglücke einen eher kurzfristigen Effekt auf das Buchungsverhalten der Kreuzfahrer“, so Kreuzfahrtexperte Papathanassis. Auch der DRV befürchtet keine großen Auswirkungen auf die seit Jahren wachsende Branche.
Die Wachstumskurven der Kreuzfahrtunternehmen ragen schon länger steil nach oben, mit satten Zuwächsen von rund 20 Prozent. Galten Kreuzfahrten angesichts der teuren Preise lange Zeit als Nische, ist die Branche längst auf dem Weg zum Massenmarkt. Das Angebot hat sich in den vergangenen Jahren erheblich differenziert. Neben Luxusschiffen können Urlauber auch vergleichsweise preiswerte Reisen auf Clubschiffen buchen, auch immer mehr junge Leute stechen in See.
Kreuzfahrtanbieter hat hohes Renommee
Die Bilder und Berichte vom Unglück stehen auch im krassen Gegensatz zum Image der italienischen Reederei Costa Crociere, einem der ältesten europäischen Kreuzfahrtanbieter. Sie hat ihre Wurzeln im 19. Jahrhundert und gehört seit einigen Jahren zum größten Kreuzfahrtimperium der Welt, dem US-Unternehmen Carnival Cruises. In der Branche gilt sie als hochprofessionelle Reederei mit international üblichen Sicherheitsstandards. Mit insgesamt 15 Kreuzfahrtschiffen und einer Bettenkapazität von mehr als 40.000 ist Costa zugleich der größte europäische Anbieter. In diesem Jahr soll noch ein weiterer „Ozeangigant“ dazukommen.
Große Verluste für Reederei
Größere Umsatzausfälle wird Costa Crociere mit der US-Mutter Carnival verkraften müssen, denn die „Costa Concordia“ dürfte so schnell nicht wieder in See stechen. Das Unternehmen bezifferte den Schaden auf 85 bis 95 Millionen Dollar allein durch den Umsatzausfall im laufenden Jahr. Die Aktien des US-Kreuzfahrtspezialisten und weltweiten Marktführers brachen an der Londoner Börse mit zweistelligen Prozentsätzen ein. Ebenfalls schwach zeigten sich die Aktienkurse anderer Reise- und Freizeitunternehmen.
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