Billige Arbeitskräfte auf dem Kindermarkt
Bis in die 1930er Jahre ist die Vermittlung von Kindern aus den Alpentälern Vorarlbergs, Tirols und Graubündens als billige Arbeitskräfte nach Süddeutschland nachgewiesen. Alljährlich im März zogen Kinder armer Bergbauernfamilien im Alter von sechs bis 15 Jahren nach Oberschwaben.
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Ihr Ziel war der Kindermarkt in Ravensburg, auch „Hütekindermarkt“ genannt, wo die Mädchen und Buben als saisonale Arbeiter an oberschwäbische Bauern vermittelt wurden. Diese Wanderungen sind bereits seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar. Sie erreichten zu Beginn des 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt.
Schuften für Kleidung und einen Hungerlohn
Während die Mädchen vorwiegend der Bäuerin im Haus zur Hand gingen und die Kinder der Familie beaufsichtigten, hüteten die Buben das Vieh des Bauern, misteten den Stall und halfen bei der Ernte mit. Im Herbst kehrten die Kinder mit neuen Kleidern, dem „doppelten Häß“, nach Hause zurück. Von ihren Arbeitgebern erhielten sie zudem einen geringen Lohn, mit dem sie - oft voller Stolz - den Lebensunterhalt ihrer Eltern und Geschwister mitverdienten.
Das Schicksal der Bergbauernkinder wurde in dem Filmdrama „Schwabenkinder“ von Jo Baier dokumentiert, mit Tobias Moretti in der Hauptrolle. In Friedrichshafen am deutschen Bodenseeufer, wo die Kinder zum Teil mit Dampfschiffen ankamen, erinnern seit dem Vorjahr zwei Gedenktafeln an das Leid der Kinder. Eigene Kindermärkte wurden zwar 1915 abgeschafft, das „Schwabengehen“ nahm jedoch erst 1921 rapide ab, nachdem in Württemberg die Schulpflicht für ausländische Kinder eingeführt worden war.
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