Millennium, Morde und Millionen
Seine Bücher verkauften sich millionenfach, heimsten Auszeichnungen ein und lieferten bis dato Stoff für zwei Filmreihen: Die „Millennium“-Trilogie des schwedischen Autors Stieg Larsson mauserte sich zu einem der größten Krimierfolge jüngeren Datums. Nach der als Fernsehproduktion angelegten schwedischen Verfilmung, die vor zwei Jahren in den Kinos lief, hat sich nun Hollywood dem Stoff gewidmet.
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Ab Freitag ist David Finchers Version von „Verblendung“ in heimischen Kinos zu sehen - Fortsetzung höchst wahrscheinlich. Wobei zumindest die erste Resonanz in den USA unter den Erwartungen blieb, hatte man sich doch wohl mehr als 13 Millionen Dollar und Platz vier der Kinocharts nach dem Eröffnungswochenende Ende Dezember erhofft. Mittlerweile dürfte sich die Produktion bei einem Budget von etwa 80 Millionen Dollar aber gelohnt haben, stehen dem doch Einnahmen von mehr als 100 Millionen Dollar weltweit gegenüber.
Larssons Vermächtnis
Jedenfalls als Erfolg ist die Buchreihe mit bis dato rund 25 Millionen verkauften Exemplaren von „Verblendung“, „Verdammnis“ und „Vergebung“ zu bezeichnen. Larsson selbst konnte den Ruhm allerdings nicht mehr genießen: Der Autor verstarb 2004 50-jährig an einem Herzinfarkt, kurz nachdem er die Manuskripte beim Verlag abgeliefert hatte. Der Schriftsteller, hauptberuflich als Journalist tätig, ließ in seinen posthum veröffentlichten Büchern auch etliche persönliche Bezüge einfließen. So sehen viele in der Figur des Mikael Blomkvist ein Alter Ego Larssons.

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Rooney Mara in den Fußstapfen von Noomi Rapace
Als investigativer Journalist sieht sich Blomkvist, Herausgeber des Magazins „Millennium“, mit der mysteriösen Familiengeschichte rund um den Großindustriellen Henrik Vanger konfrontiert, die ihn auch mit Lisbeth Salander zusammenbringt. Gerade diese Figur - unangepasst, exzentrisch und scheinbar zu jeder Zeit Herrin der Lage - dürfte erheblichen Anteil am Erfolg der Bücher haben, lieferte Larsson mit der Computerhackerin doch eine der einnehmendsten und ungewöhnlichsten Krimifiguren seit langem.
Kein Film nach Schema F
Eine Herausforderung auch für die Neuverfilmung, hat Schauspielerin Noomi Rapace das Erscheinungsbild Salanders in den schwedischen Verfilmungen doch deutlich geprägt. Das belegen auch etliche Kommentare in heimischen Onlineforen, die an Finchers Besetzung mit Rooney Mara kaum ein gutes Haar lassen. Rapace hingegen nutzte den Erfolg und ist derzeit u. a. an der Seite von Robert Downey Jr. und Jude Law im „Sherlock Holmes“-Sequel zu sehen.
Etwas leichter dürfte es Daniel Craig haben, der als Journalist Blomkvist von seinem unantastbaren „James Bond“-Image abrücken könnte. Und Fincher selbst ist trotz großbudgetärer Hollywood-Produktion meist ein Garant dafür, dass nicht nach Schema F vorgegangen wird, sondern düstere Bilder, verschachtelte Erzählstränge und unkonventionelle Kniffe vorherrschen.
Brutalität und Tempo auf neuem Niveau
Gerade das könnte bei grünem Licht seitens der Studiobosse für die Folgefilme von großem Nutzen sein, denn darin wird im Gegensatz zu „Verblendung“ der Komplexität deutlich mehr Raum gelassen. Die Brutalität und Geschwindigkeit des ersten Bandes wird nicht nur fortgeführt, sondern auf eine neue Ebene gehievt, wenn Larsson die Hintergründe zur undurchsichtigen Figur Salanders entwirrt und klassische Krimithemen wie Mafiaverbindungen, Geheimdienste und korrupte Politiker in seinen Plot gießt. Als Leser hat man nicht nur etliche Morde, sondern leider auch einige platte Phrasen zu überstehen, die aber der Spannung kaum einen Abbruch tun.

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Spannung verspricht auch die Beziehung der Hauptprotagonisten zueinander
Wem gehört das Erbe?
Während in den Romanen am Ende das Gute die Oberhand behält, sieht die Realität in Sachen Erbstreit derzeit noch etwas verworren aus: Seit dem Tod Larssons und dem Erfolg seiner Werke stehen sich seine langjährige Lebensgefährtin Eva Gabrielsson und sein Vater und Bruder erbittert gegenüber. Überdies scheint es ein unfertiges Manuskript des vierten Bandes der ursprünglich auf zehn Teile angelegten Serie zu geben, das zusätzliche Spannung in die Sache bringt. 2010 ließ Gabrielsson gegenüber dem Magazin „stern“ damit aufhorchen, dass sie sowohl inhaltlich als auch formal an der Entstehung der Bücher beteiligt war.
Als Erbe Larssons ist allerdings nicht nur seine Romantrilogie anzusehen, sondern auch die Anti-Rechtsextremismus-Zeitschrift „Expo“, die er Mitte der 1990er Jahre gegründet hat. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit galt Larsson nämlich allen voran als führender Experte für faschistische und rechtsextreme Gruppen, was in seinen Büchern deutlich herauszulesen ist: eine populärkulturelle Anklageschrift, die Millionen erreicht - und wohl auch als Neuauflage im Kino ihre Wirkungskraft nicht verfehlen dürfte.
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