Austritt als letzte Lösung
Nach Ansicht des tschechischen Zentralbank-Gouverneurs Miroslav Singer sollte Griechenland die Euro-Zone verlassen und seine neue Währung abwerten - außer Europa wäre bereit, dem hoch verschuldeten Land große Finanzhilfe zu gewähren.
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Die Europäer sollten sich jedoch viel mehr um die Banken kümmern, die eine Rekapitalisierung benötigen könnten, und um andere Bereiche, wo eine Lösung möglich sei, sagte Singer der Tageszeitung „Hospodarske Noviny“. Das wäre sinnvoller, als sich jahrelang auf Griechenland zu konzentrieren, das nur zwei Prozent der Wirtschaftsleistung Europas erbringe, so der Zentralbankchef.

Reuters/Petr Josek Snr
Der tschechische Nationalbank-Gouverneur Singer
„Wenn es nicht den Willen gibt, Griechenland eine sehr große Geldmenge aus europäischen Strukturfonds bereitzustellen, sehe ich keine andere Lösung als den Austritt aus der Euro-Zone und eine massive Abwertung der neuen griechischen Währung“, sagte Singer in dem am Montag erschienenen Interview.
Bisher nur „Zeit erkauft“
Die bisher an Griechenland geleistete Finanzhilfe habe vor allem dazu gedient, Zeit zu kaufen, und es reichen Griechen ermöglicht, ihr Geld ins Ausland zu bringen. Das habe das Vertrauen in Europa geschwächt und die Bereitschaft nicht europäischer Länder gesenkt, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) frisches Kapital für die Hilfe an die Europäer zur Verfügung zu stellen.
Singer bezeichnete ein geplantes Darlehen der EU-Staaten an den IWF zur Euro-Rettung als „absurd“. „Europa wird der Welt verkünden, wie viel Geld es dem IWF geborgt hat, und dann wird es die Welt bitten, ihm Euros zu leihen - eine Währung, die es kontrolliert“, formulierte es der Zentralbank-Chef.
„Sofort auf Bankenproblem konzentrieren“
Das Nicht-Euro-Land Tschechien hat noch nicht entschieden, ob es sich an dem beim EU-Gipfel im Dezember im Grundsatz beschlossenen Darlehen an den IWF beteiligen wird. Zugleich forderte Singer die europäischen Politiker auf anzuerkennen, dass die Banken mehr Kapital benötigten.
„Wir müssen aufhören, so zu tun, als würden wir die Banken nie mehr rekapitalisieren.“ In Zusammenhang mit der Griechenland-Krise werde es möglicherweise notwendig sein, bedeutende Geldsummen auch in sehr große Banken zu stecken, die unter Verlusten leiden. „Es ist nötig, sich sofort auf das Bankenproblem zu konzentrieren“, betonte Singer.
Austritt kein Tabu mehr
Ohne neue Milliardenspritzen von EU und IWF fürchtet man auch in Griechenland selbst das Ende der Euro-Mitgliedschaft. „Die Vereinbarung über Rettungshilfen muss unterzeichnet werden, andernfalls sind wir von den Märkten abgeschnitten und raus aus dem Euro“, sagte Regierungssprecher Pantelis Kapsis am Dienstag im Fernsehen. „Die Lage wird sich dann sehr verschlechtern.“
Bisher galt ein Euro-Austritt in Athen als Tabu und lange als undenkbar. EZB-Präsident Mario Draghi hält ihn unter den EU-Verträgen rechtlich nicht für möglich. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betrachtet die Währungsunion gar als Schicksalsgemeinschaft. Allerdings könne die EU niemanden zwingen dabeizubleiben, betonte Schäuble jüngst in einem Zeitungsinterview.
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