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Griechenland bleibt Problemfall

Über die Feiertage ist es ruhiger geworden um die europäische Schuldenkrise. Spätestens ab Montag steht sie auf der Tagesordnung aber wieder ganz oben. Das treibende Duo im Kampf gegen die Schuldenkrise, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, will bei seinem Treffen am Montag die gemeinsame Linie für die Zeit bis zum EU-Gipfel am 30. Jänner festlegen.

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In den vergangenen Tagen gab es bereits Anzeichen eines erneuten Aufflammens der Euro-Krise. Besonders Griechenland gibt wieder Anlass zur Sorge. Der Internationale Währungsfonds (IWF) äußerte nur wenige Tage vor dem nächsten Besuch der Troika bestehend aus Vertretern von IWF, EZB und EU-Kommission Zweifel, ob die Sanierungspläne im Kampf gegen den Staatsbankrott ausreichen. Ein Austritt Athens aus der Euro-Zone ist mittlerweile kein Tabu mehr.

Offen sind weitere Finanzhilfen für Griechenland: die siebente Tranche in Höhe von fünf Mrd. Euro aus dem ersten Hilfspaket und das zweite geplante, aber noch nicht beschlossene Rettungspaket von 130 Mrd. Euro. In den Gesprächen zu Griechenland wird derzeit offenbar versucht, Gläubiger wie Banken und Versicherungen, die bereits einem Forderungsverzicht von 50 Prozent zustimmten, noch stärker einzubinden, berichtete das deutsche Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Verhandlungen dazu laufen noch.

„Zusammenbruch des Euro nicht ausgeschlossen“

Auch andere Schuldnerländer, insbesondere Italien und Spanien, bleiben Problemfälle. Entsprechend bleibt der Druck auf die EZB, trotz deutschen Widerstands doch mit stärkeren Maßnahmen in die Schuldenkrise einzugreifen. Deutschland hat aufgrund der Personalrochaden - Chefvolkswirt wurde nicht der Deutsche Jörg Asmussen, sondern der Belgier Peter Praet - immer weniger Einfluss.

Auch der Unternehmensberater Roland Berger goss gegenüber der „Bild am Sonntag“ weiter Öl ins Feuer. Er hält demnach einen „Zusammenbruch des europäischen Währungssystems und damit des Euro nicht für ausgeschlossen“. Die Wahrscheinlichkeit schätzt er auf „zehn bis 15 Prozent“. Das sei eine gefährliche Situation.

Bald Unterzeichnung von Fiskalpakt?

Bei dem Treffen von Merkel und Sarkozy wird es über die nächsten Schritte aus der Schuldenkrise zumindest bis zum nächsten EU-Gipfel Ende Jänner und um die Umsetzung des Fiskalpakts gehen, der die Euro-Länder und EU-Staaten zu mehr Haushaltsdisziplin verpflichten soll. Er könnte schon beim EU-Gipfel unterzeichnet werden, spätestens Ende März soll die Vereinbarung stehen.

Der Fiskalpakt

Der Fiskalpakt zum strengen Schuldenabbau wurde Anfang Dezember von 17 Euro-Ländern und neun weiteren EU-Staaten beschlossen. Großbritannien verweigerte eine Beteiligung. Die Regeln sollen daher zunächst über zwischenstaatliche Abkommen parallel zum EU-Vertrag vereinbart werden.

Das „Handelsblatt“ berichtete in seiner Montag-Ausgabe, dass ein neuer Entwurf des Fiskalpakts nicht nur bei der Haushaltspolitik, sondern auch bei der Wirtschaftspolitik eine engere Zusammenarbeit vorsehe. Neu sei auch, dass die Euro-Staaten alle wichtigen wirtschaftspolitischen Reformen „ex ante untereinander diskutieren“ sollen. Frankreich wolle offenbar damit den Fiskalpakt nützen, um die Wirtschaftsregierung der Euro-Zone vertraglich zu verankern, analysiert das „Handelsblatt“.

Da das Gerüst für eine striktere Haushaltsdisziplin damit weitgehend steht, wollen Merkel und Sarkozy nun auch Wege für mehr Wachstum und Beschäftigung thematisieren. Dass diese Themen bei den geplanten monatlichen Sondertreffen der 17 Euro-Staaten künftig stärker im Vordergrund stehen sollen, war bereits im Dezember vereinbart worden. Nun soll offenbar die EU-Kommission aufgefordert werden, die unterschiedlich hohe Jugendarbeitslosigkeit in den Euro-Ländern zu analysieren und Reformvorschläge zu machen.

Zankapfel Finanztransaktionssteuer

Ebenfalls zur Sprache kommen könnte die Einführung der geplanten Finanztransaktionssteuer. Frankreich hatte erklärt, im Prinzip auch einen Alleingang zu starten, was in Deutschland für Ärger sorgte. Berlin will bis spätestens Juni entscheiden, hatte aber zuvor immer signalisiert, eine Lösung auf EU-Ebene mit allen 27 Mitgliedern anzustreben. Großbritanniens Premier David Cameron wehrt sich weiterhin dagegen.

Offen sind auch noch die Verhandlungen zum permanenten Rettungsschirm ESM. Dieser soll schon innerhalb der ersten drei Monate dieses Jahres eingerichtet und im Juli aktiv werden. Eine Ausweitung des Kreditvolumens von bisher vereinbarten 500 Mrd. Euro als Obergrenze lehnt Deutschland bisher ab. Medienberichten zufolge wird aber eine schnellere Auffüllung des Fonds überlegt.

Ohne deutsch-französische Achse „läuft nichts“

Die immer wieder kritisierte deutsch-französische Achse und die Führungsrolle der beiden Volkswirtschaften verteidigte der frühere EU-Spitzenökonom Klaus Gretschmann im „Kurier“-Interview (Montag-Ausgabe): „Die Erfahrung lehrt: Ohne die deutsch-französische Achse - auch wenn sie einmal nicht so rund läuft - geht gar nichts in Europa.“

„Dann driftet die EU auseinander und franst aus. Die beiden sind natürlich auf Gedeih und Verderb aneinandergekoppelt. Das heißt aber nicht, dass die nationalen Unterschiede damit beseitigt wären“, sagte der frühere Generaldirektor für Binnenmarkt, Industrie, Energie, Forschung im Rat der EU. „Man überdeckt sie mit dem, was wir in der Diplomatensprache ‚Formel-Kompromisse‘ nennen.“

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