Verhältnis zu Medien neu ordnen
Trotz anhaltenden Drucks in der Kredit- und Medienaffäre will der deutsche Bundespräsident Christian Wulff weiter im Amt bleiben. Wulff betonte am Mittwochabend in einem mit Spannung erwarteten TV-Interview, sein Amt auch weiterhin mit Freude ausüben zu wollen und nichts Unrechtes getan zu haben - gestand aber auch Fehler ein.
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„Ich nehme meine Verantwortung gerne wahr, ich habe sie für fünf Jahre übernommen“, sagte Wulff in dem gemeinsamen Interview mit den öffentlich-rechtlichen deutschen Sendern ARD und ZDF. Wulff begründete sein Nein zu einem Rücktritt auch damit, dass er in den vergangenen Wochen viel Unterstützung erfahren habe. Wulff sprach zudem von einem Lernprozess, den er beim Wechsel vom Amt des Ministerpräsidenten in Niedersachsen zum Staatsoberhaupt habe durchmachen müssen. Das Staatsoberhaupt fügte hinzu: „Es gibt auch Menschenrechte - selbst für Bundespräsidenten.“

Reuters/Bundesregierung/Jesco Denzel
Wulff lehnte im ZDF-ARD-Interview erneut einen Rücktritt ab
„Eher als Opfer gesehen“
Gleichzeitig räumte Wulff aber ein, dass der vielfach kritisierte Drohanruf bei „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann „ein schwerer Fehler“ gewesen sei, der ihm leid tue und für den er sich auch entschuldigt habe. Diese Entschuldigung sei laut Wulff auch angenommen worden.
Er habe sich in der Situation offenkundig eher als Opfer gesehen denn „als derjenige, der eine Bringschuld hat“, sagte das Staatsoberhaupt selbstkritisch. Wulff, der laut eigenen Angaben bei Diekmann lediglich um eine Verschiebung des Artikels über seine Hausfinanzierung um einen Tag gebeten habe, bat darum, sein Vorgehen menschlich zu verstehen, auch vor dem Hintergrund der Belastungen seiner Familie. Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass er sich auf einem Auslandsaufenthalt befunden habe, als er von der geplanten Veröffentlichung der „Bild“-Zeitung erfahren habe. Nun müsse er sein Verhältnis zu den Medien neu ordnen.
Kein Verstoß gegen Ministergesetz?
Mit Blick auf die ebenfalls in die Kritik geratenen Urlaubsaufenthalte bei befreundeten Unternehmern betonte Wulff, dass er in dieser Vorgangsweise keinen Verstoß gegen das niedersächsische Ministergesetz erkenne. Die Landesregierung in Hannover werde sich dazu äußern. Jedem sei freigestellt, den niedersächsischen Staatsgerichtshof anzurufen. Es handle sich bei den Personen auch um Freunde aus Schulzeiten, die er seit seinem 14. Lebensjahr kenne. Er sehe in diesem Punkt kein Unrecht.
Wenn alle Politiker ab sofort bei keinen Freunden mehr übernachten dürften oder eine Rechnung für Nächte im Gästezimmer ausstellen müssten, dann würde sich die Republik nicht zum Guten verändern, so Wulff.
Auf den Vorwurf, er informiere die Öffentlichkeit nur per Salamitaktik, erwiderte Wulff, die etwa 400 Anfragen von Journalisten seien von seinem Anwälten umfassend, nach bestem Wissen und Gewissen, beantwortet worden. Da die Anfragen scheibchenweise hereingekommen seien, könnten diese nur scheibchenweise beantwortet werden. Am Donnerstag sollen alle Details im Internet veröffentlicht werden, kündigte Wulff an.
Rückendeckung von Merkel
Bereits zuvor hatte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel betont, „volles Vertrauen“ darin zu haben, „dass der Bundespräsident auch weiterhin alle anstehenden Fragen umfassend beantworten wird“, wie Vizeregierungssprecher Georg Streiter betonte. Auch CSU-Chef Horst Seehofer stärkte Wulff den Rücken. Seine Partei stehe demnach zu Wulff, wie Seehofer klarstellte.
Kritik von Journalisten-Verband
Merkel ließ zudem erklären, ein hohes Amt bringe es mit sich, dass sich die Amtsträger mehr als andere Bürger Nachforschungen öffnen müssten. Im Extremfall müssten sie auch Handlungen im privaten Bereich wie etwa eine Hausfinanzierung offenlegen. Jeder wisse in einem hohen politischen Amt, dass er Gegenstand der Berichterstattung werden könne „und das nicht nur mit seinem politischen Handeln“. Das Recht der Presse, Fragen zu stellen und die Ergebnisse verantwortungsvoller Recherche öffentlich zu machen, sei durch das Grundgesetz geschützt.
Kritik am ARD-ZDF-Exklusivinterview kam vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV). „Der Präsident sollte sich den Fragen aller Journalisten der Hauptstadtmedien stellen“, forderte der DJV-Vorsitzende Michael Konken. Nur so könne er glaubhaft den Dissens zwischen seinen öffentlichen Bekenntnissen zur Pressefreiheit und seinen Interventionen gegen unliebsame Berichterstattung aufklären.
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