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US-Konzern will sich „nicht einmischen“

Swasiland ist die einzige absolutistische Monarchie in Afrika. Demokratiebestrebungen werden vom Regime des Königs Mswati III. brutal unterdrückt, Armut und die AIDS-Epidemie dominieren das Land. Dass der König Mswati dennoch fest im Sattel sitzt, verdankt er westlichen Konzernen, vor allem der Coca-Cola Company. Das soll sich nun ändern.

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Die Opposition wendet sich nun direkt an den Softdrink-Riesen. Coca-Cola solle Mswati III. die Unterstützung entziehen, forderten die Aktivisten in einem medialen Vorstoß in Großbritannien. Dem US-Konzern müsse bewusst gemacht werden, dass er „mit den falschen Leuten Geschäfte macht“, erklärte etwa Mary Pais Da Silva vom Netzwerk Swaziland Democracy Campaign gegenüber mehreren britischen Medien diese Woche.

Swasiland lebt von Coca-Cola

Dass Mswati III. einer von „den falschen Leuten“ ist, sollte sich bis zu Coca-Cola durchgesprochen haben: Während der bizarre Monarch mit seinen 13 Frauen in einem Privatvermögen von umgerechnet rund 77 Millionen Euro schwimmt und das Land durch eigentümliche Feiern mit Zehntausenden barbusig tanzenden Jungfrauen zusätzlich strapaziert, müssen seine Landsleute mit durchschnittlich 77 Cent pro Tag ihr Leben bestreiten. Coca-Cola wiederum ist in Swasiland der bestimmende wirtschaftliche Faktor.

Das Land in der Größe etwa von Niederösterreich mit seinen 1,4 Mio. Einwohnern ist das Afrika-Hauptquartier des US-Konzerns. Etwa 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Swasiland gehen auf Coca-Cola zurück, wird geschätzt. In der „Conco Swaziland“-Fabrik wird das Cola-Konzentrat mehr oder weniger für ganz Afrika hergestellt. Gerüchten zufolge ist der König auch direkt am Umsatz der Fabrik beteiligt, was Coca-Cola allerdings dementiert.

Der Konzern als vorbildlicher Staatsbürger

Tatsache ist, dass Mswati III. auch am Coca-Cola-Firmensitz in Atlanta bereits ein gern gesehener Gast war. Der US-Konzern gibt sich allerdings apolitisch. „Coca-Cola mischt sich niemals in politische Angelegenheiten eines Landes ein, in dem es tätig ist“, erklärte Firmensprecherin Sherree Shereni. Vielmehr bemühe man sich, in jedem Gastland wie „ein vorbildlicher Staatsbürger“ zu agieren. Zudem verweist Coca-Cola auf zahlreiche karitative Projekte in Afrika.

Zur Frage, ob Mswati III. seinen Reichtum zu einem Gutteil der Besteuerung der Coca-Cola Company verdankt, gibt sich die Firma allerdings zurückhaltend: Man sei an allen Firmensitzen ein ganz gewöhnlicher Steuerzahler und könne daher nicht über die Verwendung von Steuergeldern bestimmen. Das sei allein Sache der jeweiligen örtlichen Regierungen. Diese bemüht naive Selbstdarstellung hält der Realität allerdings nicht stand.

Swasiland als „Südafrika 2.0“

Coca-Cola wusste genau, was es tat, als es sich in den späten 80er Jahren in Swasiland ansiedelte. Genau so wie andere westliche Konzerne war die Minimonarchie für Coca-Cola damals das Ausweichquartier für Südafrika. Der Rückzug aus Südafrika war nötig geworden, weil die internationale Kritik an der Apartheid-Politik des dortigen Regimes immer lauter geworden war. Die Notübersiedlung entpuppte sich jedoch als geglückter Schachzug für die Konzerne.

Swasiland bot den Konzernen Produktionsbedingungen wie zuvor Südafrika, freilich ebenso auf Kosten einer mindestens genau so ausgebeuteten und unterdrückten Bevölkerung. Darüber hinaus interessiert das kleine Swasiland die globale Politik kaum und macht auch kaum internationale Schlagzeilen. Dass man im Reich von Mswati III. weitgehend „unbeobachtet“ agieren kann, nützte zuletzt etwa auch der Sportartikelhersteller Puma.

Drohung mit dem „Mistkübel der Geschichte“

Die Opposition von Swasiland lässt es nun allerdings nicht bei demütigen Bitten an die Coca-Cola Company bewenden. Lucky Lukhele von der Gruppe Swaziland Solidarity Network erklärte, Coca-Cola solle „sich darum bemühen, die wirtschaftlichen Erträge in Richtung der Bevölkerung von Swasiland zu lenken“. Es gebe in dieser Frage keinen „neutralen Boden“. Man stehe entweder auf der Seite des Volkes oder auf der Seite des Königs.

Die Argumente der Opposition von Swasiland bekommen in letzter Zeit wieder mehr Gewicht. Südafrika mischt sich im Nachbarland mehr und mehr ein, freilich auch aus egoistischen Motiven. Einerseits gräbt das Lohndumping in Swasiland in Südafrika Jobs ab, andererseits fürchtet man mögliche Auswirkungen von Unruhen im Nachbarland. Und nach Meinung von Lukhele könnten die bald Realität sein. Für diesen Fall müsse Coca-Cola aufpassen, dass es sich dann nicht „gemeinsam mit dem König im Mistkübel der Geschichte wiederfindet“.

Lukas Zimmer, ORF.at

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