Extremes Gesundheitsrisiko ab BMI 35
Es hat nichts mit „Schönheit“ zu tun: Wer an krankhafter Fettsucht (Adipositas) leidet, ist im Grunde schwer krank. Die Lebenserwartung verkürzt sich durch Folgen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Leiden. Die Lebensqualität ist drastisch reduziert. Einen letzten Ausweg bieten hier chirurgische Eingriffe.
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Drei bis fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung kommen dafür laut Experten infrage. Die Gender-Medizin- und Stoffwechselexpertin Alexandra Kautzky-Willer vom Wiener AKH erklärte kürzlich auf einer Pressekonferenz: „Es ist eine Epidemie im Gange. Mindestens zehn Prozent der Bevölkerung haben einen Body-Mass-Index von mehr als 30.“ Dort fängt die Adipositas an.
Diät ab gewissem Punkt nutzlos
Ein bereits extrem hohes Risiko für Komplikationen haben Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 35 bis 40 und vorhandenen weiteren Gesundheitsproblemen sowie dann auf jeden Fall Personen mit einem BMI von mehr als 40. 30 bis 40 Prozent der Österreicher sind übergewichtig. Die Internistin: „Man muss wirklich sagen, dass ab einem gewissen Grad an Übergewicht konservative Maßnahmen (Diät etc.) keinen größeren Effekt mehr haben.“
Laut den österreichischen Empfehlungen wäre für Menschen mit Adipositas ab einem BMI von 35 (mit Begleiterkrankung) bzw. in der obersten Gewichtsklasse eine chirurgische Intervention angezeigt. Stefan Kriwanek, Vorstand der chirurgischen Abteilung am Wiener Donauspital: „Das Abnehmen geht mit Diät und Begleitmaßnahmen unter kontrollierten Umständen sehr, sehr gut. Aber die Leute nehmen danach noch mehr zu. Nach fünf Diäten haben sie dann 25 Kilogramm mehr.“
An chirurgischen Eingriffen stehen derzeit vier verschiedene Verfahren zur Verfügung. Magen-Bypass und die Anlage eines „Magenschlauchs“ sind heute die minimal-invasiv durchgeführten Standardmethoden. Sie bedeuten natürlich ein gewisses, wenn auch kleines Risiko. Kriwanek: „Die Sterblichkeit liegt bei 0,4 Prozent.“
Operation halbiert Sterblichkeitsquote
Laut Alexander Klaus, Vorstand der chirurgischen Abteilung am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien, hat eine Metaanalyse der Ergebnisse von 14.000 operierten Adipositas-Patienten (BMI größer 40, Beobachtungszeit von 7,5 Jahren) im Vergleich zu 30.000 Nichtoperierten ergeben, dass der chirurgische Eingriff die Sterblichkeit um 50 Prozent senkte. Andere Auswertungen zeigten, dass die häufigste Begleiterkrankung, die Typ-2-Diabetes, zu 90 Prozent reduziert werden kann.
Mit „Luxuschirurgie“ und „Lifestylemedizin“ hat das alles nichts zu tun. Elisabeth Jäger vom Verein der Adipositas-Selbsthilfegruppen: „Es muss einem klar sein, dass man nachher auch keine Claudia Schiffer sein wird. Die Operation ist der letzte Ausweg. (...) Ich hatte in neun Jahren 180 Kilogramm abgenommen, aber 210 Kilogramm zugenommen.“
Großteil wünscht sich nach Eingriff Schönheits-OP
Bei einem Eingriff bleibt es für viele Menschen aber nicht: Wer Dutzende Kilogramm nach einem Magen-Bypass oder dem Anlegen eines Magenschlauchs verloren hat, gewinnt oft erst durch Plastische Chirurgie dauerhaft zusätzliche Lebensqualität. Drei Viertel der wegen Adipositas chirurgisch Behandelten wünschen einen solchen weiteren Eingriff zur Reduktion von „Hautschürzen“ etc. Das hat eine Studie von Experten der MedUni Wien ergeben.
„Der massive Gewichtsverlust nach bariatrischer Chirurgie bringt einen Überschuss an Haut und nachfolgende funktionale und ästhetische Probleme mit sich“, schrieb Hugo Kitzinger von der Klinischen Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie der MedUni Wien am AKH vor kurzem in einer Onlinepublikation des Fachjournals „Obesity Surgery“.
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