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Eine Zeremonie der Kontinuität

Wer läuft wo mit im Trauerzug für Kim Jong Il, wer marschiert in der Nähe seines Sohnes Kim Jong Un, und wie verhält sich der Nachfolger des verstorbenen Machthabers selbst? Was im innersten Führungszirkel des stalinistisch regierten Staates passiert, ist ein absolutes Geheimnis.

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Die pompös inszenierte Beisetzung des verstorbenen langjährigen Diktators Kim Jong Il gab zumindest einige Hinweise auf die Frage, wer in den kommenden Monaten und Jahren an den Hebeln der Macht sitzen wird. Überraschungen aber blieben aus. „Die Beisetzung hat einige Anhaltspunkte dafür geliefert, wer neben Kim Jong Un stehen und ihn beschützen wird“, sagt Kim Yong Hyun von der Dongguk-Universität in Seoul.

Denn Kim Jong Un ist gerade einmal Ende 20 - das genaue Alter ist unbekannt -, er hat so gut wie keine politische und, trotz des Ranges eines Vier-Sterne-Generals, nur wenig militärische Erfahrung.

Die Männer und die Limousine

Kim Jong Un, der trotz der Winterkälte auf Mütze und Handschuhe verzichtete, ging zu Beginn und am Ende des Trauerzugs neben der schwarzen Limousine her, auf welcher der Sarg seines Vaters durch die Hauptstadt Pjöngjang fuhr. Begleitet wurde er von hohen Würdenträgern aus Armee und der allmächtigen kommunistischen Arbeiterpartei, die hinter ihm oder auf der anderen Seite der Limousine liefen.

Die beiden hohen Parteifunktionäre Kim Ki Nam und Choe Thae Bok, die zum exklusiven Zirkel gehörten, hätten lediglich eine symbolische Funktion als Vertreter der Arbeiterpartei, erklärte der Nordkorea-Experte Kim Yong Hyun. Anders lägen die Dinge bei den anderen Männern: Diese würden künftig „vermutlich eine Schlüsselrolle“ spielen. „Sie werden die Beschützer und Förderer von Kim Jong Un sein, damit dieser sich durchsetzen kann.“

Onkel als möglicher Fädenzieher

In erster Linie gilt das für Jang Song Thaek, der direkt hinter Kim Jong Un ging. Der Ehemann von Kim Jong Ils Schwester Kim Kyong Hui - und damit Onkel des neuen Machthabers - galt in den vergangenen Jahren bereits als zweitmächtigster Mann im Staate. Er ist unter anderem Vizevorsitzender des mächtigen Nationalen Verteidigungsausschusses und könnte so etwas wie der Fädenzieher hinter Kim Jong Un werden.

Ebenfalls neben der Limousine gingen der Chef des Generalstabs der Armee, Ri Yong Ho, Armeeminister Kin Yong Chun und der für die Militärverwaltung zuständige Kim Jong Gak. Alles Figuren also, die bereits unter Kim Jong Il hohe Posten innehatten und die nun zu „Pfeilern des Regimes von Kim Jong Un werden dürften“, wie es der Nordkorea-Experte Yang Moo Jin ausdrückt.

Signal der Kontinuität

Die minutiös durchgeplante Parade vor den Augen Hunderttausender Nordkoreaner sollte deswegen womöglich vor allem ein Signal aussenden: das der Kontinuität. „Er weiß, dass er noch nicht den vollen Respekt der Öffentlichkeit genießt“, sagte Baek Seung Joo vom koreanischen Institut für Verteidigungsanalysen über Kim Jong Un.

„Es wird erwartet, dass er die Politik seines Vaters fortsetzt, der etwa trotz internationalen Drucks nie die Atomwaffen aufgegeben hat.“ Kim Jong Un habe noch einen langen Weg vor sich, um seine Macht zu festigen - und könnte in Schwierigkeiten geraten, wenn er versucht, neue Pfade zu betreten.

Werben um Zuspruch

In einem aber hob sich Kim Jong Un bei der Trauerprozession dann doch von seinem Vater ab. Denn bei der Beisetzungszeremonie von Staatsgründer Kim Il Sung vor 17 Jahren - die ähnlich ablief wie die Parade am Mittwoch - hatte Kim Jong Il den Leichenwagen nicht begleitet. Dass Kim Jong Un nun neben dem Sarg seines Vaters herging, sehen Experten aber nicht als Zeichen der Abgrenzung, sondern als Versuch, in der Bevölkerung um noch mehr Zuspruch zu werben.

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