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Vom Schwimmbecken nach Hollywood

Vor fast 70 Jahren hatte der Affe Cheeta seinen ersten großen Auftritt: Hätte Clark Gable kräftigere Muskeln gehabt, dann wäre Johnny Weissmüllers legendärer Tarzan-Schrei „Aaaeeeooo“ vielleicht nie in Hollywood erklungen. Filmschönling Gable zählte 1932 zu den über hundert Bewerbern für die Rolle des Dschungelhelden in dem ersten Tarzan-Tonfilm „Tarzan, der Affenmensch“.

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Doch die gestählten Muskeln des Olympiaschwimmers Weissmüller gaben den Ausschlag. Das Hollywood-Studio MGM nahm den damals 28-jährigen Filmneuling unter Vertrag und ließ ihn bis in die 50er Jahre in zwölf Tarzan-Folgen von Liane zu Liane schwingen.

Kaum Erfahrung?

Weissmüller zählt zu den wenigen Hollywood-Stars, die ihren Ruhm einer einzigen Rolle verdanken. Vor Tarzan hatte er als leicht bekleideter Adonis nur einen kleinen Auftritt in dem Musical „Glorifying the American Girl“. Seine mangelnde Kameraerfahrung machte Weissmüller durch Charme und Muskeln wett. Seine Texte beschränkten sich ohnehin auf simple Sätze wie „Tarzan schwimmen“, „Tarzan schlafen“ und eben den Tarzan-Schrei, dem der passionierte Jodler seine ganz persönliche Note gegeben haben soll.

Allein in seinem ersten Film soll Weissmüller den weltberühmten Urschrei 69-mal ausgestoßen haben. „Wie kann ein Mann, der auf Bäume klettert und ‚Ich Tarzan, du Jane‘ sagt, damit Millionen verdienen? Offensichtlich verzeihen mir die Zuschauer meine Schauspielerei, weil sie wissen, dass ich ein Sportler war“, erklärte der Star einmal seinen Leinwanderfolg. Das berühmte Zitat selbst kam allerdings in keiner einzigen Tarzan-Filmversion vor.

Gut geschwommen

Das amerikanische Schwimmwunder hatte in den 20er Jahren fünfmal olympisches Gold geholt und 67 Weltrekorde aufgestellt. Als erster Mensch durchbrach er die Minuten-„Schallmauer“ über 100 Meter Kraul (1922 schaffte er die Strecke in 58,6 Sekunden), und er erschwamm die erste 400-Meter-Zeit unter fünf Minuten. Dabei war der kränkelnde Bub erst mit 15 Jahren auf Anraten eines Arztes einem Schwimmclub beigetreten.

Johnny hieß eigentlich Johann und wurde im Jahr 1904 als Sohn österreichisch-ungarischer Eltern in der westrumänischen Stadt Timisoara (Temesvar) geboren. Als er drei Jahre alt war, zog die Familie in die USA. Später gab Weissmüller an, dass er in Windber (US-Staat Pennsylvania) zur Welt gekommen sei - möglicherweise, um an den Olympischen Spielen im US-Team teilnehmen zu können.

Bewegtes Leben

Im Gegensatz zu Tarzan, der seiner Jane treu folgte, führte Weissmüller ein turbulentes Leben. In schneller Folge war er viermal verheiratet (und nebenbei häufig pleite), bis er in den 60er Jahren seiner fünften Ehefrau begegnete, die ihn bis zum Tode pflegte. Schon 1954 war es mit der Karriere zu Ende. Der Dschungelheld, der gerne zum Glas griff, setzte Fett an und stand als „Jungle Jim“ zum letzten Mal vor der Kamera.

Auch wenn Weissmüller an seinen Schauspielkünsten zweifelte, ging er fraglos als legendärer Tarzan-Darsteller in Hollywoods Geschichte ein. Der Streifen „Tarzan and his Mate“ („Tarzans Vergeltung“) konnte sich als „schützenswerter“ Klassiker 2003 sogar einen Platz im Washingtoner Filmregister sichern.

Begräbnis mit Affe und Schrei

Der Film aus dem Jahr 1934 gilt als die beste Tarzan-Folge - und als die freizügigste. Eine nackte Schwimmszene mit Tarzan und Jane sorgte damals für Schlagzeilen und die Einführung eines Sittenkodex für alle nachfolgenden Hollywood-Produktionen.

Weissmüller starb nach neun Schlaganfällen und langem Leiden am 20. Jänner 1984 im mexikanischen Acapulco, wo er sich mit seiner fünften Ehefrau Maria, einer gebürtigen Berlinerin, zur Ruhe gesetzt hatte. Wie es sich für einen Dschungelhelden gehört, war ein Schimpanse beim Begräbnis in Mexiko mit dabei, und der Tarzan-Schrei wurde von Tonband abgespielt.

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