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AKW-Betreiber war nicht vorbereitet

Eine von der japanischen Regierung eingesetzte Expertenkommission hat dem Atomkraftwerksbetreiber TEPCO schwere Versäumnisse vor und während der Katastrophe von Fukushima vorgeworfen. In einem am Montag vorgelegten Zwischenbericht wird aber auch das Krisenmanagement der Regierung kritisiert.

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Das Atomkraftwerk Fukushima war durch ein verheerendes Erdbeben und einen darauf folgenden Tsunami am 11. März schwer beschädigt worden. Die Zerstörungen in der Anlage lösten den weltweit schwersten atomaren Unfall seit Tschernobyl 1986 aus. Zehntausende Menschen wurden obdachlos, da ganze Städte wegen der radioaktiven Strahlung unbewohnbar wurden.

Kommunikation unkoordiniert und mangelhaft

Die Reaktion auf das Unglück sei vonseiten der Betreiberfirma und der Behörden unkoordiniert gewesen, die Kommunikation mangelhaft, heißt es in dem jetzigen Bericht. Die Experten werfen TEPCO vor, die Gefährdung des Atomkraftwerks falsch eingeschätzt und Mitarbeiter nicht ausreichend ausgebildet zu haben. TEPCO sei nicht auf eine 14 Meter hohe Tsunami-Welle vorbereitet gewesen, obwohl die Gefahr real gewesen sei. „TEPCO rechnete nicht mit einer Situation, in der alle Stromquellen in mehreren Reaktoren wegen einer Naturkatastrophe gleichzeitig unterbrochen würden, und hat die Mitarbeiter nicht ausgebildet, darauf zu reagieren“, kritisierten die Fachleute.

Niemand war vorbereitet

TEPCO habe zudem falsch auf die Katastrophe reagiert, hieß es in dem mehr als 500-seitigen Bericht, für den 456 Beteiligte befragt wurden. Die Kernschmelzen und das Entweichen radioaktiven Materials hätten begrenzt werden können, wenn in den Reaktoren 1 und 3 früher Druck abgelassen worden und schneller Wasser zur Kühlung zugeführt worden wäre. Auch sei die Kommunikation zwischen den Einsatzteams mangelhaft gewesen. So hätten kleine Gruppen immer wieder Entscheidungen getroffen, ohne die Vorgesetzten darüber zu informieren.

Zerstörter Reaktor in Fukushima

AP/Tokyo Electric Power Co.

Erst mehr als drei Monate nach dem Unglück wurde offiziell eingestanden, dass es in Fukushima in drei Reaktoren tatsächlich zur befürchteten Kernschmelze und damit zum Super-GAU gekommen war

Anrainer in noch mehr verstrahlte Zonen geschickt

Auch die Arbeit der Regierung wird in dem Bericht angegriffen, dessen Endfassung im Sommer 2012 veröffentlicht werden soll. Zwar hätten Wirtschaftsministerium und Atomsicherheitsbehörde beklagt, von TEPCO nicht schnell genug Informationen über die Entwicklungen in Fukushima zu erhalten, zugleich seien aber keine Behördenvertreter in den Unternehmenssitz entsandt worden. Auch die Evakuierungsanweisungen der Regierung seien fehlerhaft gewesen: Die Bewohner einiger Gegenden, die ihre Häuser verlassen sollten, seien in Regionen gebracht worden, in denen die radioaktive Belastung nach der Katastrophe noch höher war.

Die Regierung hatte nach dem Unglück am 11. März eine unabhängige Kommission beauftragt, die Vorfälle zu untersuchen. Der vorläufige Bericht basiert auf 900 Interviewstunden mit 456 Beteiligten. Im Sommer wird der Abschlussbericht erwartet.

AKW für sicher erklärt

Mitte Dezember erklärte die Regierung das havarierte Atomkraftwerk Fukushima I für sicher. Das Ziel, die infolge des Erdbebens und Tsunamis vom März schwer beschädigten Reaktoren bis zum Jahresende unter Kontrolle zu bringen, sei erreicht, verkündete die Regierung. Umweltschützer kritisieren das als eine Irreführung der Bevölkerung.

Neuneinhalb Monate nach der Atomkatastrophe laufen derzeit nur noch sechs der insgesamt 54 Atomreaktoren des Landes. Der Stromversorger Kyushu Electric Power nahm in der Nacht auf Montag seinen Reaktor in Genkai im Südosten des Landes für vorgeschriebene Wartungsarbeiten vom Netz. Auch die jetzt noch laufenden sechs Reaktoren müssen bis Ende Mai 2012 für Wartungsarbeiten abgeschaltet werden. Die mehrwöchigen Kontrollen sind alle 13 Monate vorgeschrieben. Vor dem Wiederanfahren müssen sie aufgrund der Atomkatastrophe von Fukushima „Stresstests“ bestehen.

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