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Was zwischen 1915 und 1917 geschah

Der Streit über Massaker an den Armeniern zwischen 1915 und 1917 belastet die Beziehungen zwischen Frankreich und der Türkei schwer. Die Türkei erkennt die Massaker nicht als Völkermord an, auch die Zahl der Toten ist umstritten.

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Armenien und ein Großteil der internationalen Wissenschaft gehen von 1,5 Millionen Toten aus, die Türkei setzt die Zahl der Todesopfer mit bis zu 500.000 deutlich niedriger an. 1914 war das Osmanische Reich, aus dem die heutige Türkei hervorging, an der Seite von Deutschland und Österreich-Ungarn in den Ersten Weltkrieg eingetreten. Im April 1915 begann die nationalistische Regierung mit der Festnahme Tausender Armenier, die sie als regierungsfeindlich einstufte und die ihrer Auffassung nach mit Russland zusammenarbeiteten.

„Gründe der inneren Sicherheit“

Den Weg für die Massendeportationen ebnete das Osmanische Reich im Mai mit einem Spezialgesetz aus „Gründen der inneren Sicherheit“. Die armenische Bevölkerung wurde zum „Binnenfeind“ erklärt und gewaltsam in die Wüsten Mesopotamiens im heutigen Irak sowie nach Syrien und in den Libanon vertrieben. Ein Großteil der Armenier kam aber bereits auf dem Weg dorthin oder in Gefangenenlagern ums Leben.

Die Armenier bezeichnen das Massaker als Völkermord. Das Europaparlament benutzt diese Bezeichnung seit 1987 ebenfalls. Als erstes großes europäisches Land verabschiedete Frankreich im Jahr 2001 ein Gesetz, das die Massaker an den Armeniern als Völkermord anerkennt, ohne allerdings die Türken dafür verantwortlich zu machen.

Der türkische Standpunkt

Auch die Türkei gibt mittlerweile den Tod von 300.000 bis 500.000 Menschen zu, sie verteidigt das aber als Folge der Kämpfe wegen der Zusammenarbeit der Armenier mit den Russen. Außerdem sei eine ähnlich große Zahl muslimischer Türken bei Unruhen von armenischen Freischärlern getötet worden. Die Beziehungen zwischen Armenien und der Türkei waren wegen des Streits über Jahrzehnte eisig. Im Oktober 2009 wurde ein Abkommen zur Annäherung beider Länder unterzeichnet.

Heute leben 3,2 Millionen Armenier in ihrem eigenen Staat. Mehr als vier Millionen weitere leben im Ausland. In der Türkei leben noch etwa 60.000 Armenier, die Zahl der armenischstämmigen Bürger in Frankreich wird auf 500.000 geschätzt.