Lieferanten sind teils dieselben
Mit dem anhaltenden Trend zu Eigenmarken lehren Supermarktketten die Diskonter das Fürchten: Mehr als ein Viertel des Umsatzes machen die heimischen Handelskonzerne bereits mit Eigenmarken. Billa, das Zugpferd des REWE-Konzerns, erwirtschaftet 20 Prozent oder rund 700 Millionen Euro seines Gesamtumsatzes mit hauseigenen Produkten.
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Und der Trend zeigt nach oben: Die stärkste und älteste Eigenmarke von REWE, „Ja! Natürlich“, hat sich längst von der Krise erholt und im Vorjahr ein Wachstum von über sieben Prozent verzeichnet. Auch während der Krise habe man kaum Einbußen erlebt, erklärt Frank Hensel, Vorstandsvorsitzender der REWE-Group, gegenüber ORF.at. Die Billigmarke „Clever“ wuchs im Krisenjahr 2009 gar um 20 bis 30 Prozent.
„Sobald es Defizite gibt, machen wir Eigenmarken“
Die bestehenden Eigenmarken im REWE-Konzern seien nicht aus „philosophischen Gründen“ eingeführt worden, so Hensel. Vielmehr habe man damit auf Kundenbedürfnisse reagiert. „Sobald es Defizite gibt, die wir mit Lieferanten nicht abdecken können, machen wir Eigenmarken“, erklärt Hensel. Das sei ein laufender Prozess. Aus diesem Bestreben heraus habe man auch vor fast 17 Jahren die Marke „Ja! Natürlich“ gegründet. Die Marke ist mittlerweile österreichweit die erfolgreichste im Biosegment und hat einen Umsatzanteil von fünf bis sechs Prozent. Der neueste Coup des REWE-Konzerns ist die Marke „Billa“, die zu Beginn des Jahres eingeführt wurde.
Die Marke wurde bewusst zwischen der Billigmarke „Clever“ und der Biomarke „Ja! Natürlich“ positioniert, erklärte bei der Einführung der Marke Billa-Vorstand Josef Siess. „Uns fehlte eine starke Marke im Mittelpreissegment“, sagte Siess. „Billa“ solle dem „Vergleich mit den besten Marken der Handelsbranche standhalten“ können. Die Verkaufszahlen der neuen Eigenmarke übertrafen selbst optimistische Erwartungen, in den ersten fünf Monaten erwirtschaftete die Handelsmarke 16,5 Mio. Euro Umsatz.
Große Konkurrenz im Biobereich
Vor allem im Biobereich mischen die großen Handelsunternehmen wie REWE, Spar und Hofer mit ihren Bio-Eigenmarken groß mit. „Der Preisdruck auf Bio im Eigenmarkenbereich ist sehr hoch“, beklagte Bio-Österreich-Obmann Rudi Vierbauch kürzlich. Bei Bio-Eigenmarken, etwa bei Milch, gebe es oft keinen großen Preisunterschied mehr zu konventionellen Lebensmitteln. Den größten Preisunterschied von 50 Prozent und mehr gebe es bei Fleisch, erklärte Stephan Mikinovic, Geschäftsführer der AMA Marketing.
Konkurrenz für etablierte Marken?
„Sonderrechte“ hätten die Eigenmarken im Verkaufsregal aber keine, so Hensel im Interview mit ORF.at. „Sie müssen genauso ihre Erwartungen erfüllen, sonst fliegen sie raus.“ Eine Konkurrenz zu den herkömmlichen Marken sieht er in den Handelsmarken aber nicht: Gute Marken würden Handelsmarken immer überlegen sein, ist er überzeugt.
Eine deutschlandweite Untersuchung der Stiftung Warentest zeigt ein anderes Ergebnis: Billigmarken könnten bei der Qualität mit Markenprodukten namhafter Hersteller durchaus mithalten. Demnach verteilten sich Lob und Kritik an der Qualität der geprüften Angebote „im Großen und Ganzen“ gleichmäßig auf die Produkte der unterschiedlichen Anbieter.
Unterschied manchmal nur in der Verpackung
Das dürfte wohl auch daran liegen, dass in manchen Fällen das billige und das teure Produkt von ein- und demselben Hersteller kommt. „Natürlich gibt es das“, sagte Hensel, die Wahrscheinlichkeit sei größer, je größer die Marke ist. Es sei aber eher die Ausnahme - im Regelfall seien eigene Lieferanten für die Beschaffung der Eigenmarken zuständig, oder man produziere selbst, so Hensel. Vor allem Fleisch- und „Chef Menü“-Produkte produziere REWE selbst.
Kritik an AK-Preisvergleich
Heftige Kritik übt Hensel an Untersuchungen der Arbeiterkammer, die zeigten, dass Lebensmittel und Drogerieprodukte in Österreich im Durchschnitt deutlich mehr kosten als in Deutschland. „Man kann nicht nur die Preise vergleichen“, so Hensel. Da spielten viele Faktoren mit, die dann letztendlich den Preis beeinflussten, wie etwa Kosten für Qualitätsmanagement, die in Österreich höher seien als in Deutschland, und Unterschiede in der Steuerpolitik.
In Österreich seien die Gewinnmargen kleiner als in anderen europäischen Ländern, dem Handel gehe es hierzulande jedoch „gut“, ist Hensel überzeugt. Einen „Stresstest“ des Unternehmensberaters Czipin Consulting, der Defizite hinsichtlich der Krisenfestigkeit heimischer Händler aufzeigt, kommentierte er als „völlig theoretisch“. Die Szenarien, in denen die Auswirkungen von fünf, zehn und 20 Prozent Umsatzrückgang simuliert wurden, zeigten, dass bei 20 Prozent keines der untersuchten Unternehmen mehr positiv bilanzieren würde.
Handel ist fit, Rahmenbedingungen aber schwieriger
Sollte es tatsächlich flächendeckend Einbrüche von zehn oder gar 20 Prozent im Einzelhandel geben, hätte das viel breitere Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft als nur Gewinnrückgänge von Unternehmen, so Hensel. Das sei nicht sehr wahrscheinlich. Generell ist Hensel jedoch der Ansicht, dass sich die Rahmenbedingungen seit der letzten Krise 2009 verschlechtert hätten. Die Märkte hätten an Glaubwürdigkeit verloren. 2009 etwa habe es nur politische Anreize wie eine Steuerreform gegeben. Auch die Kollektivvertragsabschlüsse seien vergleichsweise hoch und die Inflation zugleich niedrig gewesen. Der Einzelhandel müsse sich deshalb auf unsichere Zeiten einstellen.
Petra Fleck, ORF.at
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