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Täter erschien nicht zu Polizeiverhör

Tödlicher Anschlag mitten im Weihnachtstreiben: Im belgischen Lüttich hat ein 33-Jähriger in der Innenstadt Handgranaten gezündet, um sich geschossen und mehrere Menschen getötet. Das Blutbad versetzte die ostbelgische Stadt in einen Schockzustand.

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Mindestens fünf Menschen kamen ums Leben. 123 Menschen wurden teils schwer verletzt. Wie Innenministerin Joelle Milquet am Dienstagabend sagte, könnte sich die Opferzahl noch erhöhen, weil „fünf der Verletzten um ihr Leben kämpfen“. Zu diesem Zeitpunkt lag die Todesopferbilanz bei vier. Am späten Dienstagabend wurde bekannt, dass ein 17 Monate altes Baby später in einem Krankenhaus seinen Verletzungen erlag.

Stark frequentierter Platz

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft handelte es sich bei dem mit Schusswaffen und Blendgranaten bewaffneten Täter um einen der Polizei bekannten 33-Jährigen. Der aus Lüttich stammende Norodine Amrani, vorbestraft wegen Drogen- und Waffenbesitzes sowie Sexualdelikten, war am Dienstag eigentlich zu einem Polizeiverhör vorgeladen, wie die Lütticher Staatsanwältin Danielle Reynders sagte. Doch sei er dazu nicht erschienen. Stattdessen fuhr er gegen 12.30 Uhr mit einem Revolver, einem Gewehr und mehreren Blendgranaten zum zentralen Saint-Lambert-Platz.

Polizei und Rettung verdecken die Leichen

APA/EPA/Robert van den Berge

Der Tatort wurde hermetisch abgeriegelt

Dort habe er von einem Gebäude aus das Feuer auf die Passanten eröffnet, sagte Reynders. An dem Platz befinden sich ein Weihnachtsmarkt und ein Gericht. Es sei unklar, ob sich der Mann anschließend selbst tötete oder ob eine „seiner Waffen explodierte“, sagte Reynders. Es sei aber davon auszugehen, dass es sich um einen Einzeltäter handle. Ein terroristischer Hintergrund sei nicht erkennbar.

Chaos in der Innenstadt

Zwei männliche Jugendliche im Alter von 15 und 17 Jahren und eine 75-jährige Frau wurden getötet. Mindestens 123 weitere Menschen wurden verletzt, die meisten an einer Bushaltestelle. Das belgische Fernsehen zeigte am Nachmittag fliehende und schreiende Menschen in den Straßen der Stadt und eine Blutlache auf dem von der Polizei gesperrten Platz. Geschäfte in der Umgebung des Tatorts wurden geschlossen, mehrere Straßen gesperrt und Gebäude evakuiert. Der Busverkehr in der Innenstadt von Lüttich wurde eingestellt.

Mehrere Verletzte fanden Zuflucht in einem nahe gelegenen Archäologiemuseum, dem Archeoforum. „Er machte eine weite Armbewegung, um etwas in Richtung der Bushaltestelle zu werfen“, sagte der Journalist Nicolas Gilenne, der das Tatgeschehen beobachtete, der Nachrichtenagentur AFP. Dann sei etwas explodiert.

„Entschlossener Eindruck“

Der Täter habe sich umgedreht, einen anderen Gegenstand genommen und entsichert. „Er machte einen sehr entschlossenen Eindruck, er wollte so viele Personen wie möglich treffen“, sagte Gilenne. „Le Soir“ spekulierte über einen Zusammenhang mit einer möglichen misslungenen Befreiungsaktion für Kriminelle. Doch diese Meldung stellte sich später als falsch heraus, genauso wie die, dass weitere Täter auf der Flucht seien.

Nach Angaben der Justiz war der Täter im September 2008 wegen Besitzes von einem Dutzend Waffen und dem Anbau von 2800 Cannabispflanzen zu 58 Monaten Haft verurteilt worden. Im Oktober 2010 wurde er jedoch vorzeitig auf Bewährung entlassen. Belgiens König Albert II. und Königin Paola sowie Regierungschef Elio Di Rupo besuchten am Abend den Tatort. „Es gibt keine Worte, um diese Tragödie auszudrücken“, sagte Di Rupo. Es handle sich aber um eine „isolierte Tat“. Die Regierung setzte ein Sondertreffen der Minister für Mittwoch an.

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