Kulinarische Vielfalt
Ob Kokosmilch, Currypulver, Koriander oder Ingwer - unsere Geschmacksnerven haben sich schon längst an diese exotischen Lebensmittel gewöhnt. Und der österreichische Gaumen wird immer experimentierfreudiger. „Man merkt, dass in den letzten zehn Jahren die Ethnosupermärkte richtig angelaufen sind“, heißt es von der Wirtschaftskammer Wien.
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Wie viele dieser exotischen Supermärkte und Greißler es in Wien gibt, lässt sich nicht genau sagen, sagt Klaus Puza von der Wirtschaftskammer im Gespräch mit ORF.at. Diese würden nicht gesondert von anderen Märkten angeführt. Doch aufgrund der Namen dürfte es um die 300 Ethnosupermärkte in Wien geben. Die Geschäfte deckten zu Beginn den Bedarf der Zuwanderer ab, die die Lebensmittel aus ihren Heimatländern gewöhnt waren. „Aber auch immer mehr Österreicher sind in den letzten Jahren auf den Geschmack gekommen“, so Puza.
Angebot wird exotischer
Indische, afrikanische oder türkische Lebensmittel – das Angebot wird immer vielfältiger. Im 4., 5., und 7. Wiener Gemeindebezirk haben sich vor allem chinesische Supermärkte angesiedelt, sagt Puza. Rund um die polnische Kirche im dritten Bezirk findet man Geschäfte mit polnischen Produkten. „Eine tolle Durchmischung exotischer Supermärkte gibt es auf der unteren Favoritenstraße mit ungarischen, russischen, polnischen und chinesischen Läden“, so Puza.
Auch zahlreiche türkische Geschäfte setzen auf exotische Vielfalt, und das immer öfter in organisierten Filialstrukturen. So haben abseits des bekannten Brunnenmarkts sowohl die türkische Kette Aycan als auch die Supermarktkette Etsan bereits 15 Filialen in ganz Wien, die türkische Produkte in Hülle und Fülle verkaufen.
In der Gegend rund um die Mariahilfer Straße finden sich viele indische und pakistanische Supermärkte. Doch auch Spezialitäten aus Lateinamerika begeistern fürs Exotische. So bietet etwa die Casa Mexico Tapas jeden Tag frisch gemachte Tortillachips und Gewürze an. Auch alkoholische Getränke wie Cachaca, Rum, mexikanisches Bier und über 100 verschiedene Sorten Tequila sind im Sortiment.
Globalisierung im Kochtopf
Traditionelle russische „Pelmeni“, kleine mit Fleisch gefüllte Teigtaschen, oder Kaviar in allen Variationen – das gibt es im russischen Feinkostladen Mischka, der im Oktober eröffnet hat. „Alles, was traditionell sowjetisch ist, gibt es bei uns“, sagt Oleg-Alexander Burt. Auch Wodka, das russische Nationalgetränk, fehlt nicht. Außerdem gibt es georgische und moldawische Weine, verschiedene Biersorten und armenische Cognacs.
Im exotischen Supermarkt Prosi findet sich scheinbar die ganze Welt wieder. „Wir bieten 6.000 Produkte aus über 50 Ländern an“, sagt Geschäftsführer Augustin Pallikunnel gegenüber ORF.at. Das Sortiment des Ethnosupermarkts umfasst Wasserbrotwurzelknollen, zahlreiche exotische Saucen und ayurvedische Kosmetika.
Urlaubserinnerung geht durch den Magen
„Die Österreicher sind gewohnt, Speisen nachzukochen, die sie im Urlaub im Restaurant gegessen haben“, sagt Puza von der Wirtschaftskammer. Begonnen hat das Ganze mit Gerichten aus Italien. Mittlerweile wollen sich viele das Urlaubsfeeling von ihrem letzten Kroatien-Urlaub zurückholen, so Puza. Das merkt auch Amin Reda vom Großhandel Brajlovic. Im August und September steigt regelmäßig der Umsatz von Cevapcici an. „Die Leute wollen ihre Urlaubsgefühle aufleben lassen“, so Reda. Die Österreicher seien neugierig auf neue Produkte, auf Sachen, die es sonst nirgends gibt.
25 Prozent der Kunden, die beim russischen Feinkostladen Mischka einkaufen, sprechen nicht Russisch - Tendenz steigend. „Die meisten kommen weniger aus Neugier, sondern weil sie einmal mit einem Russen oder einer Russin verheiratet oder dort auf Urlaub waren“, sagt Burt. Die meisten Kunden stammen aus der ehemaligen Sowjetunion. Sie kaufen aus nostalgischen Gründen im Spezialitätengeschäft ein. Durch den Geschmack der Lebensmittel würden sie an ihre Kindheit und an Großmutters Küche erinnert, so Burt.
Exotisch Kochen
Exotische Kochbücher und Kochkurse, die asiatisch, afrikanisch oder lateinamerikanisch kochen lehren, inspirieren die Österreicher in der Küche. „Wir bieten seit vier Jahren etwa brasilianische oder marokkanische Kochkurse an. Seitdem steigt auch die Zahl der Österreicher, die im Ethnosupermarkt einkaufen“, sagt Pallikunnel vom exotischen Supermarkt Prosi. „Die meisten probieren das Menü zu Hause aus und die Freunde, die zum Essen eingeladen sind, kopieren das Rezept und kaufen dann auch bei uns ein.“ Mittlerweile seien 30 Prozent der Kunden Österreicher.
Wien „isst“ multikulti
Wien habe sich gut entwickelt, so Abraham Olivares vom Casa Mexico. „Die Stadt ist in den letzten Jahren mehr ‚multikulti‘ geworden, so wie etwa London.“ Die britische Metropole ist mit siebeneinhalb Millionen Einwohnern und über 100 Nationen ethnisch vielfältig wie kaum eine andere Stadt in Europa. Dementsprechend breit gefächert ist auch die Londoner Küche.
Die internationale Küche wird auch in Wien immer beliebter. „Ins Casa Mexico kommen viele Europäer, weniger Latinos“, sagt Geschäftsführer Abraham Olivares. 90 Prozent der Kunden sind aus Österreich. „Die Österreicher kochen gern mexikanisch. Außerdem ist Mexiko bekannter als andere südamerikanische Länder“, sagt Olivares. Das sei eine gute Visitenkarte für den Supermarkt.
Tanja Geleckyj, ORF.at
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