Nötige Integration noch nicht erreicht
Im Kampf gegen die Schuldenkrise können gemeinsame Anleihen der Euro-Staaten nach Ansicht von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso höchstens mittelfristig helfen. „Aus Sicht der EU-Kommission können Euro-Bonds keine Antwort auf die aktuelle Krise sein“, sagte Barroso der deutschen „Welt“ (Dienstag-Ausgabe) laut Vorabmeldung.
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„Gemeinschaftsanleihen erfordern ein weitaus höheres Maß an Integration und Disziplin innerhalb der Euro-Zone, das wir heute noch nicht erreicht haben. Darum können Stabilitätsbonds nur mittel- bis langfristig ein angemessenes Instrument sein, um Stabilität und ausreichend Liquidität herbeizuführen.“
Barroso warb dennoch für die Anleihen als Instrument auf lange Sicht: Die Euro-Zone werde damit für ausländische Investoren langfristig zu einem einzigen großen Markt und attraktiver als heute. „Es gibt genug Kapital in der Welt, das nach Europa zurückkehren wird, wenn wir unsere Probleme lösen“, wurde Barroso zitiert.
Barroso offen für Vertragsänderung
Der EU-Kommissionspräsident zeigte sich zudem offen für die von Deutschland und Frankreich angestrebte Änderung der europäischen Verträge. „Wenn die Mitgliedsstaaten der Meinung sind, die Verträge sollten verändert werden, so dass unsere Verpflichtung zu Stabilität und Verantwortung auf eine höhere rechtliche Ebene gehoben wird, dann ist das ein gutes Signal“, sagte Barroso der „Welt“. Mit Blick auf die Dauer der Änderungen sagte der Kommissionschef, es gebe „komplexe“ und „relativ einfache“ Wege.
Barroso vertritt damit eine andere Position als Währungskommissar Olli Rehn. Dieser hatte sich wenige Stunden vor Barroso ablehnend gegenüber der deutsch-französischen Forderung nach Änderungen der EU-Verträge geäußert. „Wir haben unter den bestehenden Verträgen die Instrumente, um unsere Überwachung von Haushalten und Wirtschaftspolitiken zu verschärfen, darunter auch die Möglichkeit von Sanktionen“, sagte der Sprecher Rehns am Montag in Brüssel.
Verschärfter Stabilitätspakt
In einer Woche trete die Verschärfung des EU-Stabilitätspakts mit schnelleren und automatischen Sanktionen gegen Defizitländer in Kraft. Der Sprecher verwies zudem auf Kommissionsvorschläge für eine strenge Kontrolle der Haushalte der Euro-Länder, die keine Vertragsänderungen nötig machen.
Die Verhandlungen über den verschärften Stabilitätspakt hatten sich rund ein Jahr lang hingezogen. Der Pakt schreibt ein Staatsdefizit von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und einen Gesamtschuldenstand von höchstens 60 Prozent als Obergrenzen vor. Trotz möglicher Strafen verhinderte das nicht die derzeitige Schuldenkrise.
Sanktionen sollen nun leichter verhängt werden und können von den Ländern nicht so leicht abgewehrt werden. Zudem sind Sanktionen nicht erst möglich, wenn ein Land bereits gegen die Defizitkriterien verstoßen hat. Strafen drohen nun schon, wenn ein Land auf ein Staatsdefizit von drei Prozent des BIP zusteuert und die Regierung nichts tut, um den Kurs zu korrigieren.
Brüsseler Kontrollvorschläge
Die EU-Kommission machte vor knapp zwei Wochen zudem Vorschläge für eine strenge Überwachung der nationalen Haushalte in der Euro-Zone. Sie fordert, dass die Euro-Länder künftig im Herbst ihre Budgetentwürfe für das Folgejahr in Brüssel vorlegen, bevor die nationalen Parlamente darüber entscheiden. Die EU-Kommission will Änderungen fordern dürfen, wenn die EU-Stabilitätsregeln in Gefahr sind. Besonders strenge Daueraufsicht droht den Plänen zufolge den Ländern mit Finanzproblemen.
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