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Neues Misstrauen gegenüber Dorner

Dass der Präsident der Ärztekammer, Walter Dorner, den nächsten Schritt zur Einführung des Elektronischen Gesundheitsakts (ELGA) mitträgt, sorgt innerhalb der Ärztevertreter weiter für Wirbel. „Die Ärzte wollen ELGA nicht“, lautet die Losung. Zu Hilfe holt man sich Österreichs obersten Datenschützer.

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Nach der niederösterreichischen Ärztekammer nimmt nun auch der Österreichische Hausärzteverband (ÖHV) Dorner wegen dessen Zustimmung zu ELGA in der Bundesgesundheitskommission unter Beschuss. Die Ärztevertreter aus Niederösterreich hatten Dorner jüngst das Misstrauen ausgesprochen und seinen Rücktritt verlangt. „Wir als ÖHV schließen uns dem vollinhaltlich an“, unterstrich Wolfgang Werner, Präsident der Wiener Landesgruppe.

Nackt in der „Öffentlichkeit“

„Die Ärzte wollen ELGA nicht“, sagte Werner. Allerdings offenbarte erst vor wenigen Tage eine Umfrage, dass die Ärzte mit dieser Haltung ziemlich allein auf weiter Flur stehen: Eine klare Mehrheit der Patienten ist deutlich für den Elektronischen Gesundheitsakt. Wenig goutiert wurde von den Befragten auch die aktuelle Kampagne der Ärztekammer, die in einigen Zeitungen geschaltet wurde.

Zu den Bildern nackter Patienten liest man Fragen wie: „Wollen Sie tatsächlich mit Ihren Gesundheitsdaten in der Öffentlichkeit stehen?“ 70 Prozent der Befragten lehnten diese Kampagne ab und fühlten sich von Schlagworten wie „in der Öffentlichkeit stehen“ alles andere als gut informiert.

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Ärztekammer

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Ärzte wiederholen schon gehörte Argumente

Der ÖHV-Chef stellte einmal mehr die schon bekannte Argumentationsliste der Ärzte in den Raum: ELGA bringe eine „faktische Aussetzung des Datenschutzes“, der Akt sei zudem wegen
der Geheimhaltungswünsche und Nichtbefolgung der Medikamenteneinnahme seitens der Patienten unvollständig.

Deutliche Mehrheit für ELGA

Laut einer aktuellen Oekonsult-Umfrage sprechen sich knapp 81 Prozent der Befragten für E-Health aus. Nur 29 Prozent haben Angst davor, „gläserner Patient“ zu werden. Unter den 1.231 Befragten haben nicht einmal zehn Prozent eine Liste aller ihrer Medikamente parat, wenn sie zum Arzt gehen. Mehr als vier Fünftel halten die von der E-Medikation versprochene Prüfung auf Wechselwirkungen für notwendig. Doppelbefunde sind nach Ansicht von rund 75 Prozent gängige Praxis.

Ärzte könnten infolge des Übersehens eines Befunds, der bereits Jahre zurückliegt, haftbar gemacht werden. „Wir müssten das alles jedes Mal durchlesen, sonst werden wir fertiggemacht“, skizzierte Werner ein düsteres Szenario.

Schützenhilfe von Zeger

Schützenhilfe holten sich die Hausärzte von der ARGE Daten. Obmann Hans Zeger versicherte, dass das System „sicherheitstechnisch eine Katastrophe“ sei: „Alle Standards werden ignoriert.“ Zudem stelle sich die Frage, ob ein derartiger „Eingriff in das Grundrecht“, der durch die Sammlung gesundheitsbezogener Daten bestehe, angemessen sei. Schließlich würden durch ELGA weder Struktur- noch Versorgungsprobleme im Gesundheitsbereich gelöst, sondern bestenfalls verwaltet. „Wir erfüllen die Kontrollwünsche von Aufsichtsstellen“, konstatierte der Datenschützer.

Einstimmiger Beschluss

Ende letzter Woche hatte die Bundesgesundheitskommission einen einstimmigen Beschluss zur Einführung von ELGA gefasst. Nach Angaben von Sitzungsteilnehmern hatte als Vertreter der Ärztekammer auch Dorner mitgestimmt. Vereinbart wurde, dass „vor Umsetzung weiterführende Gespräche mit allen relevanten Beteiligten“ zu führen seien, um „E-Health-Technologien als Instrument zur Modernisierung des österreichischen Gesundheitswesens zu nutzen“, so der Beschluss.

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) freute sich über das eindeutige Bekenntnis der Systempartner zu ELGA. Er sieht das „als Auftrag, in absehbarer Zeit den entsprechenden Gesetzesbeschluss herbeizuführen“. Er wolle „konstruktive Gespräche“ mit den Beteiligten führen, so Stöger. Einfacher scheinen die Rahmenbedingungen für die Gespräche nicht geworden zu sein.

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