Prestigeprojekt von Jacques Chirac
Sieben Millionen Besucher und mehr als 45 Ausstellungen in fünf Jahren: Eine Bilanz, auf die das Musee du Quai Branly besonders stolz ist. Denn der futuristische Gebäudekomplex von Jean Nouvel in Paris, den sich der damalige französische Staatspräsident Jacques Chirac als Vermächtnis für die Nachwelt gesetzt hat, war eine der umstrittensten Museumsgründungen der vergangenen Jahre.
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„Wir sind aus der Pariser Museumslandschaft nicht mehr wegzudenken. Das ist unser größter Erfolg“, sagt Stephane Martin, Leiter des Museums. Mit durchschnittlich 1,4 Millionen Besuchern jährlich gehört das Museum für Kunst aus Afrika und Ozeanien heute zu den meistbesuchten Kultureinrichtungen der Hauptstadt.
Das Museum, an dessen Außenfassade mehr als 15.000 Pflanzen klettern, feierte im Sommer seinen fünften Geburtstag. Nur die allergrößten Optimisten wagten 2006 Prognosen von durchschnittlich einer Million Besuchern jährlich.
Verschmelzung zweier Sammlungen
Chirac setzte sich mit dem von ihm initiierten Projekt ein kulturpolitisches Denkmal, ähnlich wie seine Vorgänger Georges Pompidou mit dem Centre Pompidou und Francois Mitterrand mit der Pariser Nationalbibliothek. Nur dass für Chiracs Initiative zwei große Museen geschlossen beziehungsweise ihrer Bedeutung beraubt wurden. Die rund 300.000 Exponate des Quai Branly stammen größtenteils aus den Sammlungen der beiden Institutionen Musee de l’Homme und Musee National des Arts d’Afrique et d’Oceanie.
Mit dem Museum wollte Chirac die Beziehungen zur nicht europäischen Welt verbessern. Doch zieht man hier nach fünf Jahren Bilanz, dann haben sich so manche Kassandrarufe bewahrheitet, die hinter der vorgegebenen politischen Zweckmäßigkeit die Vorliebe Chiracs für afrikanische Kunst vermuteten.
Schwierigkeiten bei der Benennung
Um Missverständnissen vorzubeugen, mied man bei der Namenswahl des Museums negativ belegte Begriffe wie Museum für primitive Kunst und benannte den Prestigebau mitten in Paris nach der Straße, an der er liegt: Quai du Branly. Ein Zeichen des Umdenkens, das damals allseits gelobt wurde. Ins Fegefeuer der Kritik geriet hingegen die Präsentation der Exponate, die aus der Kolonialzeit Frankreichs stammen.
Statt einer sozialgeschichtlichen und -kritischen Kontextualisierung setzte man auf starke Ästhetisierung und eine Präsentation, die den Schwerpunkt auf Exotismus und Naturschönheit legt. Ein Konzept, das anscheinend den Geschmack der Besucher trifft.
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