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„The Show Must Go On“

Wer ihn auf der Bühne erlebt hat, wird das nie vergessen. Sobald Freddie Mercury spürte, dass die Fans mitgingen, war er nicht mehr zu halten. Dann schoss der rechte Arm gen Himmel, die Hand zur Faust geballt. Den Mikroständer wirbelte er sich zu Macho-Gesten um den nackten Oberkörper. Am 24. November, dem 20. Todestag, trauern Millionen Fans auf der ganzen Welt um den Musik-Champion.

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Musikalisch ist Mercury nie gestorben: Queen verkauften nach seinem Tod sogar noch mehr Platten als davor, noch immer scheinen der Musiker und seine Hits wie „Bohemian Rhapsody“ und „We Are the Champions“ in unzähligen Hitlisten auf. Viele haben versucht, ihn zu imitieren oder nachzueifern, doch Mercury blieb ein Unikat.

Freddie Mercury mit Mantel und Hut auf der Bühne

Corbis/Denis O'Regan

Freddie Mercury - Meister der Selbstinszenierung

Sein wichtigstes Merkmal war seine Stimme. Obwohl der Sänger von Natur aus ein Tenor war, konnte er die verschiedenen Register seiner Stimme - die einen Umfang von fast vier Oktaven abdeckte - in vielfältiger Weise abschattieren und so auch das charakteristische Timbre eines Bassbaritons erzeugen. Die britische Zeitung „The Independent“ machte sich auf die Suche nach einer ebenbürtigen Stimme. Neben den möglichen Thronwerbern Justin Hawkins (The Darkness) und Muse-Sänger Matthew Bellamy wurde man am ehesten beim Popsänger Mika fündig, dessen Stimmumfang ziemlich genau an den Mercurys heranreicht.

Vorbild für den Lady-Gaga-Style?

Doch auch in Sachen Style legte der Queen-Sänger die Latte sehr weit oben an. Mit Ledershorts, barocken Kostümen und Fantasieuniformen sorgte Mercury in seinen spektakulären Bühnenshows regelmäßig für Aufsehen mit seinen Outfits. Für den „Independent“ gilt in der Kategorie Auftreten eine zeitgenössische Künstlerin als legitime Erbin der Extravaganz: Lady Gaga. Die Künstlerin, die ihr Pseudonym einem SMS-Vertipper des legendären Queen-Hits „Radio Gaga“ verdankt, habe die Stilauffassung des Sängers nicht nur aufgenommen, sondern sogar noch weiterentwickelt, so die Zeitung.

Freddie Mercury performed gemeinsam mit Brian May auf der Bühne

picturedesk.com/Rex Features/Ilpo Musto

Viele von Mercurys Kostümen waren auffällig und bombastisch - doch er zeigte sich auch oft mit nacktem Oberkörper und engen Lederhosen oder Leggings

Ebenso auffallend wie sein Outfit war auch das ausschweifende Partyleben des Sängers: Zwar bezeichnete sich Mercury stets als schüchtern und introvertiert - aus seinen Exzessen machte er dennoch kein Geheimnis. Er sei der Sänger mit dem „Kamikaze-Lebensstil“, hieß es in der britischen Presse - Alkohol, Kokain, ein riesiges Arbeitspensum in Studios und auf den Bühnen der Welt, Partys, immer neue Lieben und Liebschaften.

Sex als „russisches Roulette“

Dass Liebe tödlich sein kann, sei dem offen bisexuellen Superstar stets bewusst gewesen, schrieb nach seinem Ende am 24. November 1991 die Londoner „Daily Mail“. Dennoch habe er größte Risiken in Kauf genommen: „Es war sein Alptraum, in ein leeres Schlafzimmer zu kommen.“ Warnungen vieler seiner Freunde, zu denen auch Elton John gehörte, schlug er in den Wind. „Liebe ist für mich wie russisches Roulette“, sagte er. „Ich kann das nicht kontrollieren.“

Freddie Mercury auf der Bühne

AP/Marco Arndt

Erst einen Tag vor seinem Tod bekannte sich Mercury zu seiner Krankheit

An seiner Lebensart stoßen sich dort, wo der Musiker am 5. September 1946 unter dem Namen Farrokh Bulsara geboren wurde, auch heute noch viele. Strenggläubige Muslime auf der ostafrikanischen Insel Sansibar forderten das Verbot einer Strandparty zu Mercurys 60. Geburtstag. Das passe nicht zu den islamischen Sitten der Insel, betonten sie in einer Petition.

Die Familie stammte allerdings aus Indien und gehörte der Minderheit der Parsen an, deren Glaube die geheimnisvoll anmutende Lehre des Zarathustra ist. Nach Großbritannien wurde Freddie (die englische Version seines Vornamens Farrokh) mit 13 Jahren von seinem Vater geschickt, der für die britische Kolonialverwaltung arbeitete.

Boykottbruch in Südafrika

Dass sich Mercury und die Band um Konventionen und um gesellschaftliche Regeln kaum kümmerten, demonstrierten sie mit dem Bruch des Künstlerboykotts, ihm Rahmen dessen sich viele Bands dazu entschlossen, nicht in Sun City - dem Las Vegas Südafrikas - aufzutreten, um ein Zeichen gegen das Regime und die Apartheid zu setzen.

Mit sieben Konzerten und dem Ausspruch „Es ist sehr nett hier in Südafrika, lasst uns eine gute Zeit haben“ provozierte Mercury die internationalen Beobachter. Der Besuch in Südafrika wurde von der Öffentlichkeit misstrauisch beobachtet und als rassistisch ausgelegt - obwohl die Band immer betonte, sie seien eine nicht politische Band, und der einzige Grund, warum sie hier spielten, sei für die Fans aller Hautfarben.

Letztes Album „Made in Heaven“

Mercury wollte immer hoch hinaus. Und selbst in den letzten, von schwerer Krankheit gezeichneten Wochen seines Lebens arbeitete er dafür mit unvorstellbarer Härte gegen sich selbst. Im Queen-Studio am Genfer See nahm er Songs auf, die zu den besten seines Schaffens gehörten. Die Band vervollständigte die Aufnahmen und brachte sie zum fünften Jahrestag seines Todes als letztes originäres Queen-Album mit Mercurys Stimme heraus - der Titel: „Made in Heaven“.

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