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Morde zu lange als Einzeltaten bewertet

Die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland hat nach Ansicht des Experten Elmar Brähler von der Universität Leipzig Fehler und Pannen bei der Fahndung nach dem Zwickauer Neonazi-Trio begünstigt. Menschen mit Migrationshintergrund würden zu oft als kriminell, gewalttätig oder drogenabhängig eingeschätzt. „Diese Zuordnung wird sofort gemacht“, sagte Brähler im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

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Dadurch seien die Morde an acht aus der Türkei stammenden Menschen und einem Mann aus Griechenland zu lange als Einzeltaten ohne rechtsradikalen Hintergrund bewertet worden.

„Täter als Vollstrecker der Volksmeinung“

Auch die Motivation der rechtsextremen Täter habe mit einer ausländerfeindlichen Einstellung in der Gesellschaft insgesamt zu tun. „Die Taten wachsen auf einem Boden, wo die Täter sich als Vollstrecker einer Volksmeinung fühlen können“, sagte der Medizinpsychologe. Polizei und Sicherheitskräfte sollten aber nicht unter den Generalverdacht der Ausländerfeindlichkeit gestellt werden.

„Ausländerfeindlichkeit ist in Deutschland weit verbreitet“, sagte der Experte. „Viele Konflikte und Probleme werden Ausländern in die Schuhe geschoben.“ Brähler berichtete von Untersuchungen, wonach in den neuen Bundesländern 48 Prozent der Bevölkerung der Aussage zustimmen, dass Ausländer den „Sozialstaat ausnutzen“. Im Westen sind es 31 Prozent. Dass Deutschland „in gefährlichem Ausmaß überfremdet“ sei, finden im Osten 43 Prozent, im Westen 34 Prozent.

Vergleich mit Norwegen

Das Attentat in Norwegen, wo der Rechtsextremist Anders Behring Breivik über 70 Menschen tötete, sei in dem skandinavischen Land ein tiefer Schock gewesen. „Daraus muss gelernt werden“, sagte Brähler. „Wir müssen klar machen, dass solche Einstellungen den Boden bereiten für diese Taten.“

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