Schockplakate als Botschaften
Aids-kranker Sterbender, Kuss zwischen Nonne und Priester, blutverschmiertes Neugeborenes: Die umstrittenen Werbeplakate des Modeherstellers Benetton sind weltweit bekannt. Hinter den schockierenden und aufwühlenden Bildern steckte meist der Starfotograf Oliviero Toscani.
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Kein Fotograf wurde in so vielen Ländern zensiert wie Toscani. Seine Sujets für die Werbung von Benetton überschreiten seit Jahrzehnten die Grenzen. Ob das blutdurchtränkte Hemd eines Soldaten in Bosnien, ein an Aids erkrankter Amerikaner im Kreis seiner Familie, ein Guerillakämpfer, der eine Kalaschnikow sowie einen menschlichen Oberschenkelknochen in den Händen hält oder 56 männliche und weibliche Geschlechtsorgane: Die Werbesujets sorgten bisher für weltweites Aufsehen.
Suche nach neuen Kommunikationswegen
Toscani, Jahrgang 1942, studierte in Zürich Fotografie und Grafik und machte erstmals mit den „Jesus Jeans“ Furore. Seit Mitte der 80er Jahre entwirft der Sohn eines Fotografen die Werbekampagnen für Benetton und zeigt mit jeder seiner Ideen, dass er der klassischen Werbung nicht folgen möchte.
Die Zukunft der provozierenden Werbung ist mit Toscanis Studienzentrum „Fabrica“ in Catena di Villorba auf jeden Fall gesichert. In dem von Toscani gegründeten Fortbildungszentrum haben Stipendiaten und Benetton-Mitarbeiter die Möglichkeit, nach der Methode des „learning by doing“ neue Kommunikationswege zu entwickeln, innovative Ausdrucksformen und Multimedia-Techniken zu erproben und Zukunftsperspektiven zu diskutieren.
Umstrittene Reklamestrategie
Tatsache ist, dass Benetton aufgrund seiner provozierenden Bilder immer wieder Mittelpunkt der öffentlichen Diskussionen ist. Seine umstrittene Werbelinie bezeichnet Firmengründer Luciano Benetton als „Experiment, das Image schaffen und zu mehr Sensibilität führen soll“.
Auf den Vorwurf, mit dem Elend der Welt Umsätze zu steigern, entgegnete der Modezar einmal, dass diese Strategie sicher keine Verkaufssteigerungen bringe. Seine Botschaft sei es, durch Kommunikation auf die Probleme der Welt aufmerksam zu machen.
Kalender mit weiblichen Genitalien
Aber nicht nur die Werbekampagne ist regelmäßig im Blickpunkt der Öffentlichkeit, auch der Fotograf hinter den „Skandalfotos“ sorgt mit seinen ungewöhnlichen Einfällen immer wieder für Aufsehen. Erst Anfang des Jahres präsentierte er einen Kalender, der vollständig aus Aufnahmen weiblicher Genitalien besteht. Natürlich nicht, ohne erneut Empörung auszulösen. Feministische Gruppen in Italien wollten die Veröffentlichung verhindern, und auch der Werberat hatte Probleme mit den Bildern, die als Werbelinie für einen toskanischen Lederhersteller dienten.
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