Monti übernimmt auch Wirtschaftsressort
Italiens designierter Premier Mario Monti hat am Mittwoch sein mit Spannung erwartetes Kabinett vorgestellt. Die Regierung, mit der das Land nun aus der Krise geführt werden soll, besteht ausschließlich aus Experten, wie aus der mit zwei Stunden Verspätung präsentierten Liste hervorgeht.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Mit dem Wirtschaftsministerium übernimmt der Übergangspremier ein Schlüsselressort gleich selbst. Erster Härtetest der am Abend vereidigten Regierung wird die noch diese Woche anstehende Vertrauensabstimmung im Parlament, bei der die 63. italienische Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch auf eine breite Zustimmung hoffen darf. Das neue Kabinett besteht aus elf Ministern mit und fünf ohne Portfolio. Unter Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi waren 23 Minister, darunter elf mit außerordentlichen Aufgabenbereich im Amt.

APA/EPA/Giuseppe Lami
Monti präsentiert seine Ministerliste vor versammelter Presse
Bankchef und Universitätsrektor
Das Innenministerium übernimmt Anna Maria Cancellieri. Industrieminister wird der bisherige Chef der italienischen Bank Intesa San Paolo, Corrado Passera. Der Rektor der Mailänder Universität Cattolica, Lorenzo Ornaghi, wird Kulturminister. Neuer Außenminister wird Giulio Terzi di Sant’Agata, Justizministerin Paola Severino, Verteidigungsminister Gianpaolo di Paola.
Mario Catania übernimmt das Landwirtschaftsressort, neuer Umweltminister wird Corrado Clini, Arbeitsministerin Elsa Fornero und Gesundheitsminister Renato Balduzzi. Für die Bildungsagenden ist künftig Francesco Profumo zuständig. Minister ohne Portfolio werden Enzo Moavero Milanesi (Europa), Piero Gnudi (Sport und Tourismus), Fabrizio Barca (Regionen), Piero Giarda (Beziehungen zum Parlament) und Andrea Riccardi (Kooperation und Integration). Mit Antonio Catricala gehört dem Kabinett Monti zudem ein Staatssekretär an.
Durchbruch am Dienstag
Monti drückte nach seiner Ernennung zum Nachfolger des über die Schuldenkrise gestürzten Berlusconi aufs Tempo. Den entscheidenden Durchbruch bei seinen Verhandlungen erzielte der ehemalige EU-Kommissar am Dienstag, nachdem sowohl Berlusconis Partei Popolo della Liberta (PdL) als auch die bisher oppositionelle Demokratische Partei (PD) ihre Unterstützung zugesagt hatten.
Zuletzt traf er sich am Dienstagabend noch mit PdL-Chef Angelino Alfano zu letzten Konsultationen. Die PdL ist die stärkste Einzelpartei, die Montis Übergangsregierung unterstützen soll. Bis zuletzt wurde darüber spekuliert, dass mit dem Berlusconi-Vertrauten Gianni Letta und dem ehemaligen Premier Giuliano Amato (PD) auch Vertreter der zwei größten Parlamentsparteien Regierungsverantwortung übernehmen sollten. Laut Medienberichten scheiterte das Vorhaben offenbar an einem Veto der jeweiligen Gegenseite.
Dank an Napolitano und Berlusconi
An der Ministerliste wurde offenbar bis zuletzt gefeilt. Darauf deutet hin, dass sich die für 11.00 Uhr angekündigte Vorstellung des Übergangskabinetts um mehr als zwei Stunden verzögerte. Monti dankte den politischen Kräften, die sein Kabinett unterstützen wollen. Dass sich keine Politiker an seiner Regierung beteiligen, werde die Arbeit des Kabinetts erleichtern. Monti dankte bei der Vorstellung seines Kabinetts Präsident Giorgo Napolitano und seinem in der Schulden- und Wirtschaftskrise zurückgetretenen Vorgänger Berlusconi für die konstruktive Zusammenarbeit.
„Werden Weg aus der Krise finden“
„Ich bin völlig überzeugt, dass unser Land in der Lage ist, solch eine schwere Zeit zu überwinden“, sagte Monti nach den zweitägigen Gesprächen mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und von Gewerkschaften. Der 68-jährige Wirtschafts- und Finanzexperte rief zu „wirtschaftlichem, sozialem und zivilem Wachstum“ auf, das „stabil und von langer Dauer“ sein solle.
Alle Verhandlungspartner seien sich der aktuellen „Notsituation“ bewusst, wie Monti weiter betonte. Alle Parteien seien demnach zur Kooperation bereit, um Lösungen für die Schuldenkrise und für den Wirtschaftsaufschwung im Land zu finden. Die Gruppierungen hätten sich zu Opfern bereit gezeigt. Er zeigte sich überzeugt, dass Italien die schwierige Phase überwinden werde.
Berlusconi räumte Amtssitz
Berlusconi räumte bereits am Tag vor seinem letzten Arbeitstag seinen Amtssitz. Einem Medienbericht zufolge nahm er neben drei Fotos, auf denen Berlusconi mit George W. Bush und den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. abgebildet sein soll, auch zwei Gastgeschenke aus seiner Amtszeit mit. Der Tageszeitung „La Repubblica“ zufolge soll es sich um einen kasachischen Krummsäbel und eine chinesische Ming-Vase gehandelt haben. Er habe die Stücke aus Hunderten Gastgeschenken aus seiner Amtszeit ausgewählt, weil er mit ihnen sehr persönliche Erinnerungen verbinde, berichtete das Blatt am Mittwoch.
Links: