„Wie Real Madrid gegen FC Barcelona“
Überschattet von der schwersten Wirtschaftskrise der jüngeren Geschichte wird in Spanien am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Der oppositionellen konservativen Partido Popular (PP) wird in allen Umfragen ein haushoher Sieg vorhergesagt. Sie profitiert von der harschen Kritik am Krisenmanagement des sozialistischen Regierungschefs Jose Luis Rodriguez Zapatero.
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Nach monatelangen Protesten gegen die harten Sparmaßnahmen seiner Regierung hatte Zapatero vergangenen Juli die für März 2012 anstehende Wahl auf November vorverlegt. Schon im Frühjahr hatte Zapatero die Konsequenz aus seinen miserablen Umfragewerten gezogen und bekanntgegeben, nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl anzutreten.
Sorge um Arbeitsplatz löst Angst vor Terror ab
In den jüngsten Umfragen liegt PP-Vorsitzender Mariano Rajoy mit bis zu 17 Prozentpunkten weit vor dem Spitzenkandidaten der Sozialistischen Partei (PSOE), Alfredo Perez Rubalcaba. „Zurzeit ist es einfacher, dass Real Madrid den FC Barcelona schlägt, als dass Rajoy eingeholt werden kann“, gestand kürzlich auch Rubalcaba selbst ein.
Enthusiasmus bei den Wählern kann allerdings keiner der Anwärter auf das Amt des Regierungschefs wecken, berichtet ORF-Korrespondent Josef Manola aus Madrid. Rubalcaba wolle sich als „Macher“ ins Spiel bringen: Als Innenminister der Regierung Zapatero könne er sich zuschreiben, die baskischen Terrororganisation ETA in die Knie gezwungen zu haben.
Das ETA-Angebot eines „dauerhaften Waffenstillstands“ sei zwar noch rechtzeitig vor der Parlamentswahl eingetroffen, doch der Terrorismus – lange Zeit an oberster Stelle der Sorgenliste der Spanier – hat viel von seinem Schrecken eingebüßt. Die Angst um den Arbeitsplatz und die Sorge vor einer ungewissen Zukunft bestimmten viel mehr die Gefühlslage der Spanier. Der Ausgang der Wahl werde von Pessimismus bestimmt werden, so Manola.
Einfaches Spiel für Rajoy
Als Rubalcaba im einzigen TV-Duell vor der Wahl seine Notrezepte gegen die Rezession präsentierte, sei seinem Kontrahenten Rajoy die Replik leichtgefallen: „Warum haben Sie davon in den letzten siebeneinhalb Jahren nichts verwirklicht?“ Umfragen sämtlicher spanischer Tageszeitungen sahen Rajoy als Gewinner des TV-Duells. Aber auch Rajoy sei kein Siegertyp, so Manola. Bei den vergangenen beiden Wahlen unterlag er Zapatero. Im dritten Anlauf wird er nun allen Umfragen zufolge als Sieger aus der Wahl hervorgehen.

Reuters/Juan Medina
Rubalcaba und Rajoy vor dem einzigen TV-Duell des Wahlkampfs
Rajoy wolle Spanien aus der Depression führen und das „Wirtschaftswunder“ wiederholen, das Spanien während der Amtszeit von Jose Maria Aznar von 1996 bis 2004 erlebte, so Manola. Der Aufschwung unter Aznar sei aber zum Gutteil das Resultat der Immobilienspekulation gewesen. Das Platzen der Immobilienblase stürzte das Land in die tiefste Krise seit der Franco-Diktatur.
„Empörte“ geben keine Empfehlung ab
Mit fast 22 Prozent hat Spanien die höchste Arbeitslosenquote in Westeuropa. Unter den Jugendlichen liegt sie sogar bei fast 50 Prozent. Die Jugendlichen würden nicht einsehen, warum sie die Kosten der radikalen Budgetsanierung mit Einschnitten im öffentlichen Dienst, dem Erziehungs- und Sozialbudget bezahlen sollen, so Manola. Im Mai war auf der Madrider Puerta del Sol eine Protestbewegung entstanden.
Eine Woche vor dem Wahlgang kehrte die Protestbewegung „Los Indignados“ („Die Empörten“) am Sonntag auf die Puerta del Sol zurück. Dort bekräftigten sie ihre Ablehnung der etablierten Parteien und des Börsenkapitalismus. Sie wollen die Gesellschaft „von Grund auf ändern“. Eine Wahlempfehlung der „Empörten“ für den 20. November werde es nicht geben, so Manola. Ihr Protest werde vermutlich kleineren Parteien zugutekommen oder die Zahl der ungültigen Stimmzettel erhöhen.
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