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Peinlicher Polizeifehler

Sie wurde als „Frau ohne Gesicht“, als meistgesuchte Verbrecherin Deutschlands, gejagt. Mit sechs Morden und einem weiteren Todesfall wurde sie in Verbindung gebracht. Allen voran wurde sie verdächtigt, Ende April 2007 in Heilbronn eine 22 Jahre alte Polizistin kaltblütig erschossen zu haben. Doch 2009 stellte sich heraus, dass das „Phantom von Heilbronn“ nie existiert hat.

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Die DNA, die bei über 40 Verbrechen, darunter 16 Fällen in Österreich, angeblich sichergestellt worden war, stammte von einer Arbeiterin in einem Betrieb für Verpackungen und Medizinbedarf in Bayern. Sie hatte die Wattestäbchen, mit denen die Proben genommen wurden, verunreinigt.

Weibliche Gene von totem Mann?

In Deutschland gingen die Zweifel an der Echtheit der „Frau ohne Gesicht“, die an mehreren Morde beteiligt gewesen sein sollte und auf die ein Kopfgeld von 300.000 Euro ausgesetzt wurde, auf einen Leichenfund im Saarland zurück. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Saarbrücken mitteilte, sollten die DNA-Spuren eines unbekannten Toten und die eines vermissten Asylwerbers verglichen werden.

Dazu hätten die Ermittler Genmaterial aus Fingerabdrücken herausgearbeitet, die der Asylwerber bei seinem ausländerrechtlichen Verfahren hatte abgeben müssen. Dabei seien plötzlich Spuren des „Phantoms“ aufgetaucht. „Das konnte einfach nicht sein“, sagte der Sprecher. Denn die DNA des „Phantoms“ war nach damaligen Erkenntnissen weiblich.

Zweifel auch in Österreich

Der Fingerabdruckbogen des Asylwerbers habe sich außerdem längere Zeit in einem Akt befunden. Mit einem „garantiert DNA-freien“ Wattestäbchen sei dann ein Gegentest gemacht worden. Das Ergebnis: „Plötzlich war die DNA des ‚Phantoms‘ nicht mehr da“, sagte der Sprecher. „Das ließ ja zumindest den begründeten Schluss zu, das Untersuchungsmaterial ist irgendwie nicht in Ordnung.“

Dieselben Zweifel kamen auch in Österreich auf: Initialzündung für die Überprüfung der gesamten Spuren auf mögliche Kontaminationen war ein Tötungsdelikt in Linz am 28. September 2008, sagte Rudolf Keplinger, Ermittlungsleiter und Leiter der Landeskriminalamts Oberösterreich. Ein junger Bosnier wurde von fünf Männern im Stiegenhaus einer Disco tödlich verletzt, auf seinem Finger fand sich die DNA der gesuchten „Phantom-Verbrecherin“. Nach Festnahme aller Verdächtigen und der Überprüfung des gesamten Umfelds des Mannes wurde ausgeschlossen, dass die gesuchte Frau etwas mit der Tat zu tun haben könnte.

Spuren nur mit bestimmten Wattestäbchen

Dem „Phantom“ wurden in Österreich von 2004 bis 2007 insgesamt 16 Eigentumsdelikte zugeordnet. Acht davon galten damals als geklärt, in vielen Fällen gab es bereits Verurteilungen. Bei den weiteren Delikten gab es verfolgbare Spuren, die nichts mit dem „Phantom“ zu tun hätten.

Die betroffenen Wattestäbchen aus Deutschland wurden nur in Oberösterreich und Tirol verwendet - nur dort gab es Hinweise auf das „Phantom“. Ähnliche Ungereimtheiten gab es in Deutschland: So fanden sich noch nie Spuren der angeblichen Täterin in Bayern - auch dort wurden andere Wattesticks benutzt als in anderen deutschen Bundesländern.

Zahlreiche Ungereimtheiten

Zuvor hatte es bereits zahlreiche Ungereimtheiten in dem Fall gegeben, die den Ermittlern zu denken geben hätte können. Der genetische Fingerabdruck des „Phantoms“ wurde bei Verbrechen an unterschiedlichen Stellen entdeckt: so am Streifenfahrzeug der ermordeten Polizistin; an einem Stein, mit dem Täter eine Terrassentür eingeschlagen hatten; an einer Drogenspritze und an einem Keks, das in einem aufgebrochenem Wohnwagen lag. Die begangenen Taten waren höchst unterschiedlich und reichten vom Mord bis zu Bagatelldelikten. Muster waren nicht erkennbar, und auch die Tatorte waren geografisch quer über Mitteleuropa verteilt.

Zudem sollte die unbekannte Frau den Ermittlungen zufolge ihre Verbrechen mit Slowaken, Serben, Polen, Kroaten, Deutsch-Irakern, Rumänen, Albanern und Franzosen begangen haben.

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