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Warm, leicht - aber auch gut?

Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur falsche Bekleidung: Unter diesem Motto erlebt Outdoor-Bekleidung derzeit einen regelrechten Boom. Vor allem die Daunenjacken stapeln sich in den Regalen der Sportgeschäfte. Die Hersteller werben mit bestem Komfort und federleichtem Tragegefühl. Doch Tierschützern sind die Jacken längst ein Dorn im Auge.

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Daunenjacken sind seit vielen Jahrzehnten treue Begleiter durch kalte Winter. Doch waren sie früher voluminöse Ungetüme in gedeckten Farben, sind die neuen Jacken kaum wiederzuerkennen. Mit knallbunten Farben und glänzenden Stoffen haben sie längst den Sprung vom Matterhorn an den Glühweinstand geschafft. Egal ob Extrembergsteiger oder Gelegenheitsskifahrer - in diesem Winter schwören viele auf die gewichtslosen Wärmewunder.

Daunenfeder

Fotolia/0pidanus

Perfekte Isolation

Daunen bilden die innerste Schicht des Federkleides bei Wasservögeln wie Enten und Gänsen. Daunen sind atmungsaktiv und feuchtigkeitsabweisend. Eine Ente „produziert“ nur etwa zwölf Gramm Daunen, daher werden sie oft mit anderen kleinen Federn gemischt, um Produkte erschwinglich zu halten.

Daunen sind unerreicht

Der neue Boom der Daunenjacken habe vor ein paar Jahren bei den Tourengehern seinen Ausgang genommen, sagte Josef Müller vom heimischen Outdoor-Spezialisten Carinthia im Gespräch mit ORF.at. Durch neue, ultraleichte Materialien lassen sich Daunenjacken auf ein Packmaß von 20 Zentimetern zusammenlegen bei einem Gewicht von nicht viel mehr als 450 Gramm. Gleichzeitig sorgen die feinen Daunen für eine ausgezeichnete Wärmeisolation.

„Derzeit gibt es nichts, was an die Qualität einer Daunenjacke herankommt“, so Müller. Zwar wird seit Jahren auch an Kunstfasern geforscht, die gerade bei nassen Bedingungen eine höhere Isolation gewährleisten sollen, doch insgesamt wurden die guten Eigenschaften von Enten- und Gänsedaunen nicht erreicht.

Von der richtigen Naht zum Cuin-Wert

Wer sich für eine Daunenjacke entscheidet, der sollte vor allem das Augenmerk auf die Verarbeitung der Nähte richten, rät Müller. Gerade die für Daunenjacken typischen Absteppungen sind auch die Stellen, wo sich bei guten Jacken die Spreu vom Weizen trennt. Werden die Kammern durchgenäht, dann entstehen Kältebrücken, die gewünschte Wärmeisolation wird unterbrochen. Das zweite Qualitätskennzeichen ist der Cuin-Wert. Er bezeichnet die Bauschkraft bei Jacken und steht damit für die Isolationsleistung. Müller rät zu einem Cuin-Wert von mindestens 600, der nur bei hoher Daunenqualität erreicht wird.

Füllung von fragwürdiger Herkunft

Die hohe Nachfrage nach Daunenjacken vor allem im Modebereich ruft aber auch Tierschützer auf den Plan. Und die wissen wenig Gutes zu berichten. „Diese Branche ist nicht in Ordnung“, so Marcus Müller von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Denn das, was in den Jacken landet, werde oft Stopfgänsen bei lebendigem Leibe ausgerissen. „Für die Tiere ist das eine doppelte Qual“, so Müller gegenüber ORF.at.

Die Gänse werden einerseits wegen der Leber gemästet, andererseits werden ihnen beim Herausreißen der Federn schwere Verletzungen zugefügt, wie Vier Pfoten bei regelmäßigen Kontrollen feststellte. Gütesiegel oder Herkunftskennzeichen existieren für Daunen so gut wie gar nicht. Und auf Herstellerangaben sei nicht immer Verlass, so Müller.

Vor rund einem Jahr deckte Vier Pfoten auf, dass der kalifornische Outdoor-Spezialist Patagonia über eine ungarische Zulieferfirma Daunen aus Lebendrupf verwendete. Als man das Unternehmen, das sonst sehr bedacht auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit sei, mit dieser Entdeckung konfrontierte, habe man dort überrascht und schockiert reagiert und glaubhaft Besserung versprochen, so Müller.

„Produktion völlig intransparent“

Dass Daunen von gequälten Tieren in teuren Qualitätsprodukten landen, ist nicht ungewöhnlich. „Die Produktion ist völlig intransparent und Herkunftsbezeichnungen oft mangelhaft“, kritisiert Müller. Die weltweit produzierten Daunen würden in einem „Daunenpool“ landen, dort durchmischt und je nach Qualität weiterverkauft. Wer durch den Kauf besonders teurer Jacken hofft, dass hier Daunen aus artgerechter Haltung verwendet wurden, liegt meist falsch. „Daunen vom dritten oder vierten Rupf sind besonders fein und teuer und landen daher auch in den hochwertigen Produkten“, so Müller.

Carinthia

Die Firma Carinthia in Kärnten begann 1948 mit der Herstellung von Schlafsäcken für Bergsteiger. Die Produktion des Familienunternehmens findet ausschließlich in Europa in Werken in Österreich, der Slowakei, Moldawien und Deutschland statt.

Ob Daunen von Lebend- oder Totrupf stammen, können selbst Experten nicht unterscheiden. Den Kunden bleibt daher nichts anderes übrig, als den Angaben der Hersteller zu vertrauen. Und zumindest bei Carinthia ist man sich der Problematik durchaus bewusst. „Nachhaltigkeit ist bei vielen Outdoor-Unternehmen nur ein Marketinggag“, so Geschäftsführer Müller. Gerade im Modebereich würde mehr auf Design und Marke Wert gelegt als auf Qualität. „Wir kaufen direkt bei europäischen Bauern, denen wir vertrauen können“, sagt Müller.

Primaloft vs. Gänsedaune

Wer zu hundert Prozent ausschließen will, Daunen von gequälten und lebend gerupften Tieren zu tragen, dem raten Tierschützer zu Kunstfasern. Der neueste Renner heißt hier Primaloft. „Primaloft ist eine ganz leichte Hohlfaser - das Beste, was es momentan am Markt gibt. Im Vergleich zur Daune ist Primaloft pflegeleicht und es isoliert die Wärme sehr gut“, sagte Suana Miklitsch, Bekleidungsexpertin bei Intersport Eybl, gegenüber dem ORF Salzburg - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Seit einigen Jahren nicht mehr aus dem Sportbekleidungssektor wegzudenken sind Goretex- und Softshelljacken: „Goretex ist wasserdicht, winddicht und atmungsaktiv. Softshell ist ebenfalls winddicht, noch atmungsaktiver als Goretex und wasserabweisend. Geruchsneutral sind die synthetischen Materialien allerdings nicht. Synthetik riecht nun einmal mehr, Naturfasern hingegen weniger", so Miklitsch.

Gabi Greiner, ORF.at

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