Schwere Vorwürfe gegen Bürgermeisterin
Nach dem Unwetter in Genua ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung und Verschuldung eines Desasters gegen die Bürgermeisterin der Stadt, Marta Vincenzi. In der norditalienischen Hafenstadt waren am Freitag vier Frauen und zwei Kinder ums Leben gekommen.
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In der Kritik steht unter anderem die Entscheidung Vincenzis, am Freitag trotz der vom Zivilschutz ausgegebenen höchsten Unwetterwarnung die Schulen nicht geschlossen zu haben. Zudem kritisieren die Staatsanwälte, dass trotz ähnlicher Vorfälle in den vergangenen Jahren in gefährdeten Vierteln nicht ausreichend vorgebeugt worden sei, berichteten italienische Medien am Sonntag.
Entnervte Bürger
Wegen wilder Zementierung und dem Bau vieler Tiefgaragen sei der hügelige Boden der Stadt Genua unsicher geworden. Unabhängig vom Klimawandel sei es unannehmbar, dass Ligurien immer wieder von Erdrutschen heimgesucht werde, betonte ein Staatsanwalt.
Entnervte Bürger beschimpften die Stadtoberen, weil sie sich von diesen alleingelassen fühlten, hieß es in den Berichten. Regierungschef Silvio Berlusconi meinte in einer Mitteilung, offensichtlich sei in der Stadt auch dort gebaut worden, wo man (wegen möglicher Gefahren bei Hochwasser) nicht hätte bauen dürfen. Er setze auf Maßnahmen, die dazu beitragen könnten, solche Desaster und Tragödien zu vermeiden. Auch der italienische Präsident Giorgio Napolitano forderte eine Untersuchung bezüglich der Ursachen der katastrophalen Erdrutsche in Genua.
Wie ein Tsunami
Während gewaltiger Wolkenbrüche war am Freitag die sechs Opfer von Autos erdrückt worden, die das Wasser mitgerissen hatte. Die vier Frauen und zwei Kinder starben in der Via Fereggiano im Nordosten der Hafenstadt. Starkregen hatte den Fluss Bisagno über die Ufer treten lassen und in der Via Fereggiano zu einer Art Tsunami geführt. Das jüngste Opfer war erst elf Monate alt.

APA/EPA/Luca Zennaro
Sechs Menschen ertranken oder wurden unter mitgerissenen Autos begraben
Immer wieder schwere Erdrutsche
Schon 1970 waren in Genua bei Überschwemmungen 25 Menschen ums Leben gekommen. Italienische Geologen warnten vor Erdrutschgefahr in 70 Prozent der italienischen Gemeinden. Mehr als sechs Millionen Menschen würden in Italien in gefährdeten Gebieten leben. Die Zahlen sind erschreckend: Zwischen 1960 und 2010 seien bereits 3.407 Tote aufgrund von Erdrutschen und Überschwemmungen gemeldet worden. 5.581 italienische Gemeinden seien gefährdet, 100 Prozent des Gebiets in den Regionen Aostatal, Umbrien und Kalabrien ernsthaft bedroht.
Italien war in den vergangenen Jahren von schweren Erdrutschen betroffen. Das schlimmste Unglück ereignete sich im Mai 1998. Damals kamen 137 Personen in der süditalienischen Ortschaft Sarno südlich von Neapel ums Leben, als nach sintflutartigen Regenfällen eine Schlammlawine Dutzende Gebäude unter sich begrub.
Link:
- Genua (Seite der Stadtregierung)