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Afrikas Bevölkerung wächst ungebremst

Auf der Erde wird es immer enger. Wuchs die Weltbevölkerung in den ersten zwei Millionen Jahren nur langsam, wurde 1850 mit einer Milliarde Menschen der erste große Sprung verzeichnet. Von da an ging es rasant nach oben. Schon 1925 folgte die zweite Milliarde. Nun ist bereits der siebenmilliardste Mensch auf die Welt gekommen.

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Allein von den 1960er Jahren bis heute hat sich die Population mehr als verdoppelt. Am 31. Oktober ist - rein statistisch gesehen - Erdenbürger Nr. 7.000.000.000 zur Welt gekommen. Prognosen über die Weltbevölkerung sind jedoch nur schwer abzugeben, ebenso könnte die Milliardengrenze bereits zuvor überschritten worden sein.

Bessere Versorgung lässt Menschen länger leben

Aber egal, wann genau diese Schwelle überschritten wurde, die Zahl ist alarmierend. Der Grund für die explosionsartige Zunahme ist aber ein positiver, bedeutet es doch, dass die Fortschritte in der Medizin und die deutlich bessere Ernährungslage vor allem auch Entwicklungsländer erreicht hat, wo derzeit die höchsten Geburtenraten verzeichnet werden. Durch den Einsatz von Antibiotika und Impfungen sinkt die Säuglingssterblichkeit, und energiereiche Nahrung lässt Menschen immer älter werden.

Straßenszene in Kolkata, Indien

AP/Bikas Das

2011 Zunahme von 78 Millionen

Laut der UNO-Organisation zur Weltbevölkerung (UNFPA) kommen in diesem Jahr weltweit 138 Millionen Menschen zur Welt, 57 Millionen werden sterben. Das ist eine Zunahme von 78 Mio. Menschen. Dazu gehören auch die Neugeborenen in der indischen Provinz Uttar Pradesh, das für die höchste Geburtsrate der Welt bekannt ist.

Entwicklungsländer als Wachstumsmotor

Dass sich der Wachstum verlagert hat, bestätigt auch Bevölkerungswissenschaftler David Bloom von der Harvard School of Public Health. Kamen früher die meisten Kinder in den Industrienationen zu Welt, sind es heute die Entwicklungsländer, die zur Bevölkerungsexplosion beitragen. So wird Indien (1,2 Mrd. Menschen) bald China (1,3 Mrd.) als bevölkerungsreichstes Land der Welt ablösen. Allein Nigeria, das mit 162 Millionen heute schon die meisten Einwohner Afrikas hat, wächst jährlich um 3,2 Mio. Menschen.

Große Herausforderung für Afrika

Ein anderes Beispiel: Derzeit haben die Industrienation Deutschland und das Entwicklungsland Äthiopien beide etwas mehr als 80 Millionen Einwohner. In 40 Jahren jedoch wird es voraussichtlich 174 Millionen Äthiopier geben, aber nur noch 72 Millionen Deutsche. Und die werden im Durchschnitt auch deutlich älter sein als heute. Die künftige Geburtenzunahme wird in den nächsten Jahrzehnten überhaupt zur Hälfte aus Afrika kommen.

Das stellt gerade Länder, die sowieso schon wenig haben, vor zusätzliche Herausforderungen. „Viele Entwicklungsländer werden große Probleme haben, Lebensmittel, Wasser, Energie und Wohnraum für ihre wachsende Population bereitzustellen. Das hat auch Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, die Sicherheit und die Wirtschaft“, sagte Bloom gegenüber dem Wissenschaftsmagazin „Science“.

Kriege um Wasser?

Befürchtet wird, dass der Kampf um die vorhandenen Ressourcen immer härter wird. Viele halten es zum Beispiel für möglich, dass es zwischen Nachbarstaaten künftig Kriege ums Wasser geben wird. Die Umweltorganisation WWF hat ausgerechnet, dass man 2050 drei Planeten Erde brauchen werde, wenn sich an unseren Gewohnheiten nichts ändert. „Wir müssen in den kommenden 40 Jahren die gleiche Menge an Lebensmitteln herstellen wie in den letzten 8.000 Jahren“, sagt WWF-Experte Jason Clay. Zudem werde vor allem in den großen Industrienationen immer noch viel zu viel weggeworfen.

Menschen werden immer älter

Neben der wachsenden Bevölkerung wird auch die Überalterung zunehmend zum Problem. Länder wie Malaysia, das vermutlich 2030 den offiziellen Status als überaltete Nation erhalten wird (d. h.: 15 Prozent der Bevölkerung sind dann über 60 Jahre alt), haben bereits Gegenmaßnahmen gestartet. Der Schlüssel ist hier Migration. Rund eine Millionen Malaysier haben in den vergangenen Jahren das Land für bessere berufliche Chancen verlassen. Die verbleibenden werden immer älter.

Durch den Ausbau der Schulen und Universitäten kamen wieder mehr junge Immigranten ins Land. Heute sind sieben Prozent der Bevölkerung zugewandert, und jeder fünfte Job ist mit einem Ausländer besetzt. Das verlief nicht immer problemlos. „Die Immigranten bringen soziale Traditionen mit, die unserer östlichen Kultur widersprechen“, sagte die Direktorin für die nationale Bevölkerungs- und Familienentwicklung, Datuk Aminah Abdul Rahman.

Auch Europa wächst - noch

Auch Europa kennt das Problem: Der Anteil der Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und älter wird in den EU-27 von 17 Prozent im Jahr 2010 auf 30 Prozent im Jahr 2060 wachsen. Der Anteil derjenigen im Alter von 80 Jahren und älter erhöht sich im selben Zeitraum von fünf Prozent auf zwölf Prozent. Dafür wächst die Bevölkerung noch kräftig weiter - zumindest bis 2040. Dann dürfte aber mit 526 Mio. Menschen der Spitzenwert erreicht sein. Erst danach wird die Zahl wieder schrittweise zurückgehen.

Wie geht es mit der Weltbevölkerung weiter? Mit Prognosen sind Experten vorsichtig. „Der globale Ausblick ist durch eine Vielzahl von Unsicherheiten schwierig“, so Bloom gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. „Dazu zählen Infektionskrankheiten, Krieg, der wissenschaftliche Fortschritt, politische Änderungen und unsere Fähigkeit zur globalen Zusammenarbeit.“ Allgemein wird aber erwartet, dass sich das Bevölkerungswachstum abschwächt: Die UNO-Prognosen für das Jahr 2050 reichen von acht bis 10,5 Milliarden.

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