Was bezweckt Papandreou?
Der französische Europaminister Jean Leonetti hat die griechische Regierung aufgefordert, bei dem angekündigten Referendum die Frage nach dem Verbleib in der Euro-Zone zu stellen. Die Frage müsse lauten: „Wollt Ihr in der Euro-Zone bleiben oder nicht?“, sagte Leonetti am Mittwoch dem Fernsehsender LCI. Indirekt stellte Leonotti damit auch die Frage, was der griechische Premier Giorgos Papandreou tatsächlich wolle.
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Es gehe nicht, dass die Griechen den vergangene Woche vorgeschlagenen Rettungsplan ablehnten und gleichzeitig Mitglied des Euro-Raums blieben, so Leonotti weiter. Ein Ausstieg aus der Gruppe der 17 Euro-Länder bedeute aber die Rückkehr zur Landeswährung und einen Staatsbankrott, warnte der Minister.

Reuters/Thomas Samson
Leonetti und Frankreichs Präsident Sarkozy
Letztlich seien die Konsequenzen eines solchen Schritts für Griechenland gefährlicher als für die Euro-Zone. Papandreou hatte am Montagabend ein Referendum über das Rettungspaket angekündigt, das dem Land harte Sparmaßnahmen abverlangt.
Kurz nach dem Auftakt des Treffens mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy am Mittwochabend im französischen Cannes war Athen bereits sichtlich um Beruhigung bemüht. Bei dem Referendum gehe es einzig um die Zustimmung der Griechen zum Rettungspaket. Das Thema Euro werde „nicht das Thema sein. Es geht nur um den Rettungsplan“.
Barroso mahnt Stabilität ein
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso warnte Griechenland davor, dass es ohne Hilfe von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) „unabsehbare Konsequenzen“ für das südliche Euro-Land geben könnte. Er appelliere „dringlich und innig“ an die nationale und politische Einigkeit in Griechenland, sagte Barroso am Mittwoch vor Beginn des G-20-Gipfels der führenden Industrienationen im französischen Cannes.
In der EU sei eine Einigung mit weitreichenden Maßnahmen zur Unterstützung Griechenlands erreicht worden. „Aber damit diese Maßnahmen umgesetzt werden, ist es besonders wichtig, dass das Land Stabilität aufweist.“ Ohne Hilfe von EU und IWF würden die „Bedingungen für die griechischen Bürger viel schmerzvoller“ sein, vor allem für die Schwächsten.
Der EU-Kommissionspräsident rief die griechische Regierung auf klarzustellen, dass ein nationaler Schulterschluss notwendig sei, um die breitestmögliche Unterstützung für die Umsetzung der Reformprogramme zu gewährleisten. Ohne auf die angekündigte Volksabstimmung einzugehen, sagte Barroso: „Wenn die Unterstützung gestern wichtig war, ist sie heute absolut entscheidend.“
Krisentreffen mit Papandreou
Nach der Referendumsankündigung, von der die EU-Partner offenbar überrascht wurden und die für viel Irritation sorgte, setzten Merkel und Sarkozy für Mittwochabend das Krisentreffen in Cannes an, zu dem Papandreou zitiert wurde. Ursprünglich wollten die Europäer beim G-20-Gipfel in Cannes ihren Kollegen nur die Ergebnisse des jüngsten Euro-Krisengipfels erläutern, der das Rettungspaket für Griechenland festzurrte. Doch Papandreous Schritt machte nun mehrere Krisengespräche bereits vor dem G-20-Treffen nötig.
Bei den Beratungen am Abend werde es um Wege zur „umgehenden Umsetzung“ der Vereinbarungen des EU-Gipfels aus der vergangenen Woche gehen, hielt die deutsche Bundesregierung zu dem Gespräch offiziell fest. Fraglich ist aber, ob Papandreou vor der Ankündigung des Referendums die EU-Partner zumindest andeutungsweise darüber informiert hat.
Kopfschütteln über Papandreou-Vorstoß
An dem Treffen einen Tag vor Beginn des G-20-Gipfels nahmen neben Papandreou auch EU-Kommissionpräsident Jose Manuel Durao Barroso, EU-Ratspräsident Herman van Rompuy, und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, teil. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, nahm entgegen früheren Meldungen nicht an dem Abendessen teil.
Doch auch die griechische Innenpolitik treibt Papandreou voran. Dort sorgte Papandreous offenbar weitgehend alleine entschiedener Vorstoß für Kopfschütteln. In einer siebenstündigen Krisensitzung in der Nacht auf Mittwoch holte sich Papandreou schließlich die Zustimmung aller Minister für den Schritt zu dem Referendum.
Nicht nur die Opposition sprach sich nach der Ankündigung für umgehende Neuwahlen aus. Auch zahlreiche Politiker aus Papandreous sozialistischer Partei PASOK kündigten dem Regierungschef die Gefolgschaft. Nicht mehr ausgeschlossen sind eine Staatspleite Griechenlands und sogar ein Austritt des Landes aus der Euro-Zone.
Papandreou in Griechenland unter Druck
Über einen Rücktritt des sozialistischen Ministerpräsidenten wird seit längerem debattiert. Sollte die nun angekündigte Volksabstimmung über das mit harten Sparauflagen verknüpfte Hilfspaket in Höhe von 109 Milliarden Euro (ohne privaten Anteil) scheitern, könnte es so weit sein. Der Regierungschef, dessen Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK) im Parlament nur eine knappe Mehrheit hat, will sich allerdings bereits zuvor einer Vertrauensabstimmung stellen. Diese werde schon am Freitag stattfinden, hieß es.
Papandreou ist in Griechenland schwer unter Druck. Er kämpft nun mit schwindender Unterstützung im Parlament, in seiner eigenen Partei und auch der Bevölkerung. Streiks und Proteste finden regelmäßig statt. Die konservative Opposition verweigert hartnäckig die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit.
Gefährliche Gratwanderung
Offenbar geht es in Athen darum, wer den schwarzen Peter erhält. Sollte die PASOK das Sparpaket alleine beschließen, könnte sie nach der nächsten Wahl über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte von der Regierung und damit von der Macht abgeschnitten werden. Papandreou bewegt sich auf einem schmalen Grat.
Er glaubt, dass die Mehrheit der Griechen im Referendum den Sparmaßnahmen zustimmen wird. Geht die Rechnung Papandreous auf, holt er sich die Zustimmung der Bevölkerung zu dem Sparpaket und stellt so die einschneidenden Maßnahmen auf eine breite Basis. Auch ein Abgang Papandreous steht im Raum. Sollte es dazu kommen, wird das Problem auf den nächsten Regierungschef übertragen.
Neuwahlen - die bessere Option?
Neuwahlen, die auch von hochrangigen PASOK-Mitgliedern anstelle des Referendums bevorzugt werden, könnten das Land allerdings in die politische Instabilität treiben. Einen wochenlangen Wahlkampf kann sich das Land nicht leisten. Denn ohne die beim EU-Gipfel vereinbarten Hilfskredite von 130 Milliarden Euro kann es Anfang kommenden Jahres seine Rechnungen und Gehälter nicht mehr bezahlen. Das Geld fließt nur, wenn der klamme Staat harte Reformen durchzieht.
Diese hatte die Regierung bisher im Alleingang durchgedrückt. Die Opposition trägt - anders als etwa in Portugal und Spanien - die Sparmaßnahmen nicht mit. Gewinnt sie die Wahl - was laut aktuellen Umfragen wahrscheinlich wäre -, will sie das Sparprogramm neu verhandeln. Ob die Euro-Länder dazu bereit sind, darf bezweifelt werden. Es besteht die Gefahr, dass sie die Geduld verlieren und Griechenland den Geldhahn zudrehen. Eine Staatspleite wäre dann unausweichlich.
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