Siebenstündige Krisensitzung
Gegenüber dem Vorstoß des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, über das Rettungspaket eine Volksabstimmung abhalten zu wollen, hat es selbst in der eigenen Partei Unmut gegeben. In einer siebenstündigen Krisensitzung in der Nacht erhielt Papandreou aber laut Regierungssprecher die einstimmige Zustimmung zum Referendum und die für Freitagabend geplante Vertrauensfrage im Parlament.
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Zwar hatten einige Minister offenbar noch weiter Kritik an Papandreou geübt, da sie über seine Ankündigung nicht rechtzeitig informiert worden seien. Sie versicherten aber, die Regierung bei der anstehenden Vertrauensabstimmung im Parlament zu unterstützen. Papandreous regierende Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK) verfügt in dem 300-köpfigen Parlament nur noch über eine knappe Mehrheit von 152 Stimmen.
Referendum im Dezember?
Zahlreiche Abgeordnete der Regierungspartei sowie alle Oppositionsparteien fordern die Bildung einer Regierung der „Nationalen Rettung“ oder eine vorgezogene Parlamentswahl. Es gab Spekulationen über einen Rücktritt Papandreous.
Nach Angaben des Regierungssprechers im Anschluss an die Kabinettssitzung solle das Referendum unmittelbar stattfinden, nachdem die Details des Hilfspakets ausgehandelt sind. Innenminister Haris Kastanidis gab den Dezember als möglichen Termin an. Bisher war von Jänner die Rede gewesen. Insbesondere an den Börsen wird befürchtet, dass nun eine lange Phase der Unsicherheit auf die Finanzmärkte zukommt, da der Ausgang des Referendums unklar ist. Bei einem Nein wird eine Pleite Griechenlands wahrscheinlicher.
Skepsis in Europa, Papandreou optimistisch
Papandreou gibt sich optimistisch und verteidigt seinen Schritt: „Die Volksabstimmung wird ein klares Mandat erteilen und eine klare Botschaft zugunsten unseres europäischen und Pro-Euro-Kurses senden“, sagte er in der Kabinettssitzung. „Niemand wird in der Lage sein, den Kurs Griechenlands innerhalb der Euro-Zone anzuzweifeln.“ Skeptischer gibt sich die EU. Schon in den ersten Reaktionen einzelner Euro-Länder war davon die Rede, dass Griechenland indirekt damit auch über die Euro-Mitgliedschaft abstimme und ein Ausscheiden aus der Euro-Zone riskiere.
Kritik an Alleingang
Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger empfahl Papandreou, „den weiteren Weg eng mit seinen europäischen Kollegen abzustimmen“. Es dürfe keinen griechischen Alleingang geben, sagte er der deutschen „Welt“. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy bezeichnete das auf dem Euro-Gipfel beschlossene Rettungspaket als „einzigen Weg“ aus der griechischen Schuldenkrise. Die Euro-Länder erwarteten für ihre Solidarität Gegenleistungen der Griechen, sagte Sarkozy am Dienstag in Paris.
Nicht nur für die griechische Politik war Papandreous Ankündigung neu. Auch für Deutschland und Frankreich kommen die Referendumspläne überraschend. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hält an der Unterstützung für Griechenland fest: „Ich habe immer gesagt: Wenn Griechenland die Lasten und Mühen der Hilfsprogramme und Reformen auf sich nehmen will, wenn es in der Euro-Zone bleiben will, dann werden wir es unterstützen“, sagte er gegenüber der „Financial Times Deutschland“ („FTD“, Mittwoch-Ausgabe).
Zweifel an Auszahlung der nächsten Hilfstranche
Die deutsche „Bild“ berichtete im Voraus aus ihrer Mittwoch-Ausgabe, dass das Land trotz des geplanten Referendums und der möglichen Staatspleite weitere Hilfen von Euro-Staaten und Internationalem Währungsfonds (IWF) erhalte. Die sechste Tranche an Hilfen solle bis zum 11. November an die griechische Regierung überwiesen werden. Laut dem niederländischen Finanzminister Jan Kees de Jager sei es aber angesichts der Referendumspläne ungewiss, ob die sechste Tranche ausgezahlt werde.
Deutsche Banken verschieben Schuldenschnitt
Die deutschen Banken halten eine vollständige Umsetzung des Hilfspakets vor dem geplanten Referendum in Griechenland für unrealistisch. „Wir sollten keine vollendeten Tatsachen schaffen, bevor das Referendum durch ist“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer, am Mittwoch in Berlin. Konkret könne er sich nicht vorstellen, dass vor der Volksabstimmung ein Anleihentausch vollzogen werden könne, sagte Kemmer. Allerdings sollten jetzt die Vorarbeiten für den Schuldenschnitt gemacht werden.
Die 17 Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder hatten unter anderem ein neues 100-Milliarden-Euro-Paket für Athen beschlossen. Private Gläubiger wie Banken und Versicherer verzichten nun auf die Hälfte ihrer Forderungen. Davor sollten es nur 21 Prozent sein. Anfang 2012 sollen alte gegen neue griechische Anleihen getauscht werden. Die Euro-Staaten sichern den Schuldenschnitt mit Garantien in Höhe von 30 Milliarden Euro ab.
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