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Richtungsstreit in Übergangsrat

Der libysche Nationale Übergangsrat will den Schützen vor Gericht stellen, der den früheren Diktator Muammar al-Gaddafi getötet hat. Das sagte der stellvertretende Vorsitzende des Rates, Abdelhafis Ghoga, am Donnerstag vor der Presse in Bengasi. Wer immer verantwortlich sei, werde zur Verantwortung gezogen und einen fairen Prozess erhalten.

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Es gebe einen vom Übergangsrat erlassenen Ethikkodex zur Behandlung von Kriegsgefangenen und eine Erklärung, wonach der Rat jede Verletzung der Menschenrechte untersuche. Ghoga fügte hinzu, es gebe einige derartige Verletzungen seitens Kämpfern, die „leider als Revolutionäre beschrieben“ würden. Er sei sicher, dass es um die „Tat eines Einzelnen, nicht von Revolutionären oder der nationalen Armee“ gehe.

Weiterer Sprecher bremst

Doch offenbar gibt es einen Richtungsstreit im Übergangsrat, ob und wie die Ereignisse aufgearbeitet werden sollen. Gumaa al-Gamati, ein Sprecher des Rates in London, betonte in einem Interview des Nachrichtensenders al-Arabija, erst müsse festgestellt werden, ob Gaddafi wirklich nach seiner Gefangennahme aus nächster Nähe exekutiert worden sei oder ob er in einer Gefechtssituation gestorben sei.

Der Übergangsrat hatte bisher zu aufgetauchtem Bildmaterial erklärt, Gaddafi sei ins Kreuzfeuer zwischen seinen Getreuen und Kämpfern der Regierung geraten. Weiteren Berichten zufolge wurde Gaddafi Opfer eines Lynchmords. In einem im Internet veröffentlichten Video sagte ein junger Anhänger des Übergangsrats, er habe Gaddafi in den Kopf geschossen. Erst auf internationalen Druck hatte der Übergangsrat zugesagt, die Todesumstände untersuchen zu lassen.

Handyvideos als Beweis

Gaddafi war am Donnerstag vergangener Woche von einer Einheit der Revolutionstruppen in seiner Heimatstadt Sirte verletzt und gefangen genommen worden. Kurz darauf wurde seine Leiche in die Stadt Misrata gebracht. Der Übergangsrat versprach herauszufinden, wie Gaddafi starb. Zuvor waren im Internet verwackelte Handyvideos aufgetaucht, die zeigen, wie der verletzte Gaddafi herumgestoßen wird. Weitere Bilder zeigen den leblosen Körper Gaddafis - mit blutverschmiertem Gesicht, sein Kopf weist eine Schusswunde auf.

Der offenbar gewaltsame Tod Gaddafis und die tagelange Zurschaustellung seines Leichnams in einem Kühlhaus hatten Verstimmungen auch in den Ländern hervorgerufen, die den Aufstand in Libyen unterstützt hatten. Am Dienstag war Gaddafi, der jahrzehntelang in Libyen geherrscht hatte, an einem geheim gehaltenen Ort in der Sahara bestattet worden.

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