Hotelanlage neben Munitionsdepot?
Zwei Veranstalter von Maturareisen müssen sich seit Dienstag nicht nur mit Klagen des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) wegen Alkohol „jederzeit und überall“ herumschlagen. Auch die Wahl einer Destination für Sommer 2012 - Nordzypern - schlägt kräftige Wellen.
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Schülervertreter, aber auch die zypriotische Botschaft zeigten sich besorgt darüber, dass das Ziel des „X-Jam 2012“ offenbar direkt neben einem Militärgelände in der türkisch besetzten Zone liegt. Die Veranstalter versuchen, Sicherheitsbedenken zu zerstreuen.
Solche hatte zuvor am Dienstag die Schülerunion geäußert. Sie warf den Veranstaltern, dem Eventunternehmen DocLX und Ruefa Reisen, vor, in ihrem Katalog zu verschweigen, dass das Reiseziel für die Maturanten im besetzten Teil Zyperns liegt. „Die direkte Einreise von Österreich in den besetzten Norden ist illegal, es gibt dort keine diplomatische Vertretung. Hinter dem Reisehotel befindet sich ein Munitionsdepot“, wie Fotos von dem Areal laut Schülerunion belegen.

Schülerunion
Munitionsbunker, angeblich direkt hinter dem „Acapulco“-Ferienresort
Zahlreiche Bedenken geäußert
„Von alldem wissen die Schüler aber nichts, weil ‚X-Jam‘ diese Informationen zurückhält“, so die Schülerunion in einer Aussendung - und weiter: „Die Schülerunion und die Bundesschülervertretung warnen vor dieser Maturareise und fordern den Veranstalter auf, die Schüler umgehend zu informieren.“ Außerdem könne der Zielflughafen Ercan etwa in medizinischen Notfällen nicht direkt angeflogen werden.
DocLX verspricht auf seiner Website eine „Top-Anlage“, fernab von anderen Hotels, in der die Maturantinnen und Maturanten „die ganze Nacht feiern“ könnten. Tatsächlich fand sich dort - zumindest am Dienstagabend - aber auch der Hinweis, dass das „Acapulco Resort“ in Nordzypern liegt.
Risiken für „übermütige Jugendliche“?
Die Schülervertreter waren nicht die ersten, die sich an der Wahl der Destination stießen. In einer Stellungnahme unter dem Titel „Fakten zur Maturareise ‚X-Jam‘“ hatte sich Mitte des Monats bereits der Elternverband dazu Gedanken gemacht. Darin heißt es unter anderem: „Das Hotel ‚Acapulco Beach Club and Resort‘ (...) befindet sich in unmittelbarer Nähe einer militärischen Sperrzone. Nach Informationen des zypriotischen Außenministeriums liegt direkt hinter dem Hotel eines der größten Munitionsdepots in den besetzten Gebieten.“
Alles in allem könne die Lage in Nordzypern für „übermütige Jugendliche“ zu einem Risiko werden. Bereits vor rund einem Monat war die Nordzypern-Maturareise Thema in der ORF-Sendung „konkret“.
Veranstalter weisen Vorwürfe zurück
Damals wie am Dienstag auch verteidigten die Veranstalter die Wahl der Destination gegen „falsche und irreführende Behauptungen“, wie es in einer Aussendung hieß. Die Maturareise werde „ohne Probleme bei der Ein- und Ausreise“ (via das türkische Antalya, Anm.) verlaufen, wie Ruefa und DocLX versicherten, mit dem Hinweis, dass „jährlich rund 200.000 Gäste aus der EU den Nordteil Zyperns besuchen“.
Gleichzeitig wiesen die Veranstalter zurück, dass das Resort in einem militärischen Sperrgebiet liege. Bei der „angeblichen militärischen Zone“ handle es sich stattdessen „um einen Ferienort für Sicherheitskräfte“. „DocLX“ Alexander Knechtsberger könne nach einem Lokalaugenschein „garantieren, dass das Hotel in keinem militärischen Areal liegt“. DocLX und Ruefa versprechen außerdem Hilfe bei konsularischen Angelegenheiten, etwa verlorenen Reisedokumenten. Für die medizinische Versorgung stehe ein Team aus deutschsprachigen Ärzten und Sanitätern zur Verfügung.
Zypriotische Botschaft „erschüttert“
Die Botschaft der Republik Zypern (Süden, Anm.) verwies dagegen in einer Aussendung darauf, dass „nach mehrfach belegten Informationen des zypriotischen Außenministeriums“ direkt hinter dem Hotel „eines der größten Munitionsdepots“ des Nordens liege. Das gesperrte Militärareal liege „HINTER“ dem Resort, während die Veranstalter jeweils von einem anderen Gelände „NEBEN“ dem Hotel redeten, so die diplomatische Vertretung, die sich „erschüttert“ darüber zeigte, „dass der Veranstalter die damit verbundenen Risiken nach wie vor leugnet und verharmlost“. Eine Großveranstaltung wie das „X-Jam“ könne „nicht mit dem Individualtourismus in der Region verglichen werden“.
Klage: Alkohol allgegenwärtig
Neben dieser Kritik müssen sich DocLX und ein weiterer Veranstalter, Splashline, Vorwürfe gefallen lassen, Alkohol spiele bei den Maturaevents eine zu gewichtige Rolle. „Die großen Maturareiseveranstalter scheinen sich damit übertrumpfen zu wollen, wer ein Mehr an harten Alkoholika zu bieten hat“, so Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI am Dienstag per Aussendung. „Das sind Werbeauswüchse, die es zu bekämpfen gilt.“
Schließlich seien „harte Getränke - zu Recht - in vielen Bundesländern für Jugendliche verboten“. Reisen würde „aggressiv“ damit beworben, „dass es hochprozentigen Alkohol (Rum und Wodka)“ von „0 - 24 h“ gebe. Der VKI werde daher neben rechtlichen Schritten gegen DocLX auch Splashline auf Unterlassung klagen. Splashline bietet mit dem Reiseveranstalter TUI unter anderem Maturareisen in die Türkei an.
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